Der Konflikt im Südkaukasus droht zu einem großen Krieg zu eskalieren. Vermitteln könnte ausgerechnet ein Paria der Weltgemeinschaft.
Die kriegerischen Auseinandersetzungen im Südkaukasus spitzen sich zu, bei den aserbaidschanischen Angriffen auf die Enklave Berg-Karabach sollen bereits über 100 Menschen gestorben sein. Die Eruption der Gewalt ist nicht überraschend. Der Konflikt zwischen dem mehrheitlich islamischen Aserbaidschan und dem mehrheitlich christlichen Armenien konnte in den vergangenen Jahrzehnten nie befriedet werden, immer wieder ist es zu blutigen Eskalationen gekommen. Zuletzt starben vor vier Jahren etwa 120 Menschen bei Scharmützeln.
Diesmal droht ein ausgewachsener Krieg, wie der in den neunziger Jahren. Die Aggression in den aktuellen Auseinandersetzungen geht von Aserbaidschan aus. Der dort regierende Autokrat Ilham Alijew steht innenpolitisch unter Druck, weil die Bevölkerung zunehmend unzufrieden über die ökonomische Lage und die verkrusteten Machtstrukturen ist.
Berg-Karabach, das völkerrechtlich zu Aserbaidschan gehört, aber seit dem Waffenstillstand 1994 de facto von Armenien kontrolliert wird, ist ein Ventil, das den Unmut in eine andere Richtung kanalisiert. Schon nach sporadischen Gefechten im Juli hatten in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku Zehntausende für einen neuen Krieg mit Armenien demonstriert.
Dazu kommt: Das Nato-Mitglied Türkei, das bereits in Syrien, im Nordirak und in Libyen zündelt und Konflikte eskalieren lässt, ermuntert Aserbaidschan geradezu zum Krieg. Die türkischen Nationalisten verzeihen den Armeniern nicht, dass sie den Genozid an ihnen vor 100 Jahren nicht vergessen wollen. Erdogan hat bereits islamistische Söldner aus Syrien nach Aserbaidschan geschickt.
Die 1992 installierte Minsker Gruppe um die USA, Frankreich und Russland, zu der auch Deutschland gehört, hat kaum Möglichkeiten, auf Aserbaidschan einzuwirken, das Regime in Baku hält der Gruppe vor, sich in den vergangenen Jahren auf Seiten Armeniens positioniert zu haben.
Als Moderator in dem Konflikt könnte ausgerechnet der Iran auftreten: Teheran hat zu beiden Nachbarländern ein vergleichsweise gutes Verhältnis.