Das ganze Hartz-IV-System ist dringend reformbedürftig. Geld dafür ist vorhanden: Man muss nur die Reichen zur Kasse bitten.
Zum Beginn des kommenden Jahres werden die Hartz-IV-Sätze höher angehoben, als ursprünglich geplant. Alleinstehende Erwachsene erhalten dann 446 Euro monatlich, ganze 14 Euro mehr als aktuell. Für die Betroffenen ist diese Nachricht eine, die sie, wenn schon nicht wütend, dann aber mit einem resignierten Schulterzucken zur Kenntnis nehmen werden.
Um mit 446 Euro monatlich über die Runden zu kommen – für Partner oder Kinder im gleichen Haushalt zahlt der Staat deutlich weniger –, muss man sich ziemlich strecken. Die Berechnung der Hartz-IV-Sätze ist wenig nachvollziehbar, für Stromkosten werden beispielsweise nur 35,30 Euro monatlich veranschlagt; die Betroffenen können sich jedoch selten stromsparende Haushaltsgeräte leisten, zudem steigen die Stromkosten ständig.
In der Corona-Krise sind außerdem die Preise für viele Lebensmittel deutlich gestiegen. Eltern, die ohnehin wenig hatten, mussten während des Lockdowns zusätzlich für die Mittagsessen-Kosten ihrer Kinder aufkommen.
Die Corona-Krise wird das Heer der Bedürftigen größer werden lassen. Da sind die zahlreichen Solo-Selbstständigen in der Veranstaltungsbranche, die größtenteils noch immer mit einem faktischen Arbeitsverbot belegt sind. Viele von ihnen rutschen zwangsläufig in die Grundsicherung. Mitte nächsten Jahres droht eine Pleitewelle, weil angeschlagene Firmen derzeit ihre Insolvenz auf die lange Bank schieben dürfen.
Hartz IV ist verordnete Armut und dämpft gleichzeitig Anreize zu arbeiten, wenn von einem 450-Euro-Job nur 170 Euro behalten werden dürfen. Das Bildungs- und Teilhabepaket ist nur ein schwacher Ausgleich für die vom Bundesverfassungsgericht kritisierte Benachteiligung von Kindern in Hartz-IV-Familien. Das ganze System ist dringend reformbedürftig.
Geld dafür ist vorhanden: Man muss nur die Reichen und Vermögenden in einem ähnlichen Maße zur Kasse bitten, wie in den 80er-Jahren, als ein Kanzler Kohl regierte. Dann könnte das Sozialsystem mit Dutzenden Milliarden Euro zusätzlich ausgestattet werden.