Vize-Ministerpräsident Stamp hat eine Debatte über die Arbeitsmoral von Lehrern in der Krise angezettelt. Was will der damit erreichen?
Wie in fast jeder anderen Berufsgruppe gibt es auch in der Lehrerschaft neben den vielen Engagierten, Talentierten und Kreativen jene, die überfordert oder lustlos sind. Der monatelange Heimunterricht während der Corona-Krise hat diesen Qualitätsunterschied für viele Eltern noch einmal sichtbar gemacht. Der zweifache Vater Joachim Stamp begeht also kein Verbrechen, wenn er feststellt, dass es sich nach seiner Wahrnehmung einige Pädagogen im Lockdown „wirklich bequem eingerichet haben“.
Der Vize-Ministerpräsident und FDP-Landeschef Stamp zeigt mit einer solchen öffentlichen Aussage gleichwohl wenig politische Weitsicht. Spätestens seit der legendären „Faule Säcke“-Schelte von Altkanzler Schröder vor 25 Jahren weiß man, dass solche regierungsamtlichen Attacken bloß einen Solidarisierungseffekt unter den Lehrern zur Folge haben. Das macht die fällige Debatte über Leistungsanreize und -differenzierung unter den Lebenszeitbeamten unmöglich.
Zudem beschleunigen solch plakative Aussagen in Zeiten des ohnehin schwindenden Respekts im Klassenzimmer den Autoritätsverlust der Lehrer. Stamp hat hier als Dienstherr auch eine Fürsorgepflicht. Nach Monaten des holprigen Krisenmanagements der FDP-Schulminsterin Gebauer fragt man sich nicht zuletzt: Sollten die Liberalen nicht erst einmal vor der eigenen Tür kehren?