Das Gezerre um den Bußgeldkatalog offenbart die handwerklichen Mängel unser Politikbetriebs – wir brauchen eine Lösung mit mehr Akzeptanz.

Das Hin und Her um den Bußgeldkatalog für Verkehrssünder ist ein bestürzendes Indiz dafür, dass sich Teile unseres Politikbetriebs in einem bedenklichen Zustand befinden. Erst werden die härteren Regeln im Eiltempo durch den Bundesrat gepeitscht. Dann gibt es Gegenwind, der zuständige Minister verliert sich – wegen dieses Gegenwindes? – in kleingedruckten Rechtsbedenken. Ergebnis: Plötzlich steht alles wieder auf dem Prüfstand.

Andreas Scheuer macht einmal mehr eine schlechte Figur. Der CSU-Politiker hatte schon bei der Pkw-Maut grobe Fehlleistungen abgeliefert. Er unterschrieb Verträge mit den Betreibern, bevor die ganze Angelegenheit in trockenen Tüchern war – mit dem glorreichen Ergebnis, dass der Steuerzahler für diesen handwerklichen Fehler mit 500 Millionen Euro bluten musste. Nun fällt Scheuer mit dem Bußgeldkatalog das nächste große Projekt auf die Füße. Eigentlich ist er in seiner Funktion nicht mehr haltbar.

Auf die Strafbremse treten

Wie man die Situation retten kann? Es wäre wichtig, schnell eine rechtsfeste, besser akzeptierte Lösung zu finden. Besonders bei den Tempovergehen. Man könnte an den harten Strafen festhalten, sie aber beispielsweise vor Schulen und in Tempo-30-Zonen anwenden. Warum nicht auf städtischen Einfallstraßen etwas auf die Strafbremse treten und den Führerschein erst Wiederholungstätern abnehmen?

Kundige Juristen werden Wege finden, um eine maßvollere Sanktionen-Regelung rechtssicher zu formulieren. Das fände höheren Anklang auch bei denen, die ansonsten nach dem Motto „Freie Fahrt für freie Bürger“ verfahren möchten. Denn an mehr Sicherheit auf den Straßen muss auch ihnen gelegen sein.

Bußgeldbescheide für den Papierkorb

Da die aktuelle Fassung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wieder gekippt wird und die meisten Bußgeldbescheide ein Fall für den Papierkorb sein könnten, ist es vernünftig, als Zwischenlösung vorerst auf den alten Regelkatalog zurückzugreifen. Das Saarland hat es als erstes vorgemacht. NRW war gut beraten, diesen Schritt nachzugehen.