Essen. Das Aus für 18 Karstadt Kaufhof-Warenhäuser in NRW ist auch ein Rückschlag für unsere Innenstädte. Deren Zukunft muss nun ganz neu gedacht werden.

Bei vielen Beschäftigten der Warenhaus-Kette Galeria Karstadt Kaufhof flossen die Tränen. Wut und Enttäuschung, vor allem aber Existenzängste spiegelten sich in den Reaktionen auf die Pläne des Konzerns, knapp 20 seiner Filialen in Nordrhein-Westfalen zu schließen. Die Politik im Land und in den Städten zeigte sich entsetzt – und hilflos.

Die vorgesehenen Schließungen sind ein Kahlschlag, ein weiterer schwerer Rückschlag auch für das mit fünf Filialen betroffene Ruhrgebiet, das seit vielen Jahren in verschiedenen Branchen im vielzitierten Transformationsprozess steckt. Jetzt geht ein weiterer Teil des Lebensgefühls verloren. Denn Kaufhof- und Karstadt-Filialen gehörten über Jahrzehnte zum Einkaufen dazu, sie prägten und prägen die Fußgängerzonen, sind Anker in den Stadtzentren.

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Insbesondere für die „Einkaufsstadt Essen“, immerhin Firmensitz des Konzerns, bedeutet die Schließung der beiden Filialen einen schmerzhaften Einschnitt. Da es auch Dortmund trifft, sind die beiden größten Städte des Ruhrgebiets auch die größten Verlierer im Geschacher um die Zukunft des Konzerns. Für Witten ist die Entscheidung ebenfalls bitter, während man das Durchatmen in Duisburg bis nach Essen hören konnte.

Überleben werden nur Städte mit modernen Konzepten

Inwieweit die Corona-Pandemie und die einhergehenden Millionenverluste die Ursache oder der letzte Impuls für ohnehin geplante Schließungen sind, mag weiterhin Streitpunkt zwischen Konzern, Gewerkschaften und Stadtoberen sein. Den betroffenen Menschen nutzt dies aber nichts, es interessiert sie auch nicht. Sie müssen zusehen, wo sie bleiben, wo sie als Arbeitskräfte unterkommen. Und für politisch Verantwortliche in den Städten, insbesondere für die Stadtplaner, sind die Schließungen ein weiterer schmerzhafter Beweis, dass die Zukunft der Innenstädte ganz neu gedacht werden muss.

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Überleben werden nur Städte, die moderne Konzepte mit dem Einzelhandel vor Ort entwickeln. Geschäfte, die spezielle Kaufinteressen befriedigen, die modern, innovativ, kreativ daherkommen. Wo der Kunde, anders als beim Online-Einkauf, kompetent beraten wird, wo die regionale Anbindung und Verankerung eine Rolle spielt, wo man gern seine Zeit verbringt, wo man Spaß beim Einkaufen hat, wo ein Lebensgefühl vermittelt wird, das verschiedene Generationen anspricht.

Innenstädte der Zukunft sind keine lieblosen Asphaltwüsten

Die Innenstädte der Zukunft sind keine lieblosen Asphaltwüsten, von denen aus man auf beschmierte, bröckelnde Hausfassaden guckt. Sondern es sind vor allem auch attraktive Wohnorte, im Idealfall verbunden mit zeitgemäßen Mehrgenerationen-Anlagen, mit Grünflächen und einer intelligenten, bezahlbaren Nahverkehrsversorgung.

Karstadt Kaufhof schließt fünf Filialen im Ruhrgebiet

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    Für die Leidtragenden der Karstadt-Kaufhof-Schließungen ist dies alles kein Trost. Wer aber in den Städten und im Einzelhandel politische und wirtschaftliche Verantwortung trägt, der muss sich, spätestens jetzt, der Situation stellen. Und die besagt: Der Einzelhandel der Vergangenheit hat keine Zukunft, die Dominanz des Online-Handels wird weiter zunehmen.

    Gleichwohl hat die Isolation der Corona-Zeit eindringlich gezeigt, wie wichtig den Menschen das Miteinander ist. Es wird stets das Bedürfnis nach gemeinsamer Freizeitgestaltung, nach dem gemeinsamen Einkaufserlebnis, nach lokaler und regionaler Verbundenheit, nach Verlässlichkeit, nach Vertrautheit und Nähe geben. Darin liegt eine Chance – auch wenn die schlechten Nachrichten derzeit nachvollziehbar alles überlagern.