Derzeit schaut alle Welt auf die rassistischen Polizeivorfälle in den USA. Aber auch hierzulande sollte man die Warnungen von Experten beachten.

Im Juli 2018 wird der syrische Kurde Amad Ahmad in Geldern festgenommen und kurze Zeit später aufgrund einer Verwechslung in der Klever JVA inhaftiert. Im September brennt es in seiner Zelle, zwei Wochen später erliegt er seinen Verletzungen. Er saß unschuldig im Gefängnis, weil Polizisten zumindest nicht genau hingeschaut haben. Möglicherweise, das wird ermittelt, hat ein Beamter ihn bewusst hinter Gittern versauern lassen. Es ist nahezu ausgeschlossen, dass einem Deutschen ohne Migrationshintergrund dieses Schicksal widerfahren wäre.

Derzeit richtet sich der moralische Zeigefinger auf die USA, wo Zehntausende seit Tagen gegen Polizeigewalt und Rassismus auf die Straßen gehen. Aber wie das so ist: Wer den Zeigefinger auf andere richtet, auf den zeigen drei Finger zurück. Auch in Deutschland sind nichtweiße Menschen täglich mit Rassismus konfrontiert: in der Schule, bei Bewerbungen, im Job, bei Polizeikontrollen. Es gibt unzählige Erfahrungsberichte, die davon zeugen. In der weißen Mehrheitsgesellschaft wird die Klage über Rassismus oft als mimosenhaft abgetan. Sie ist aber nicht davon betroffen. Ähnliches gilt auch für den Antisemitismus.

Rassismus darf nirgendwo in der Gesellschaft einen Platz haben

Auch die Polizei tut sich schwer, rassistische Tendenzen in den eigenen Reihen zu identifizieren, transparent zu machen und aktiv dagegen vorzugehen. Es gibt Erklärungen für polizeilichen Rassismus. Beamte, die in sogenannten Problemvierteln von Menschen angegangen werden, die eine Migrationsgeschichte haben, entwickeln womöglich einen Tunnelblick. Konservative Einstellungen, die wohl nahezu jeder angehende Polizist mit in den Beruf bringt, können sich zu einem rassistischen und rechten, ja rechtsextremen Weltbild verfestigen, wenn man tagtäglich mit den Schattenseiten der Gesellschaft konfrontiert wird, wie es der Bochumer Kriminologe Thomas Feltes formuliert. Erklärungen dürfen aber keine Entschuldigungen sein. Wer Polizist wird, schwört einen Eid auf eine Verfassung, in der die Menschenwürde an oberster Stelle steht. Rassismus darf keinen Platz in der Polizei und in der Gesellschaft haben.