Der Fall von Viersen darf den Erzieherinnen-Beruf nicht in Misskredit bringen. Er muss dazu führen, dass es für sie echte Verbesserungen gibt.
Der mutmaßliche Mord an der kleinen Greta war ein fürchterlicher Einzelfall und darf auf gar keinen Fall dazu führen, eine Berufsgruppe in Misskredit zu bringen. Was für eine ungemein wertvolle, professionelle und unverzichtbare Arbeit Erzieherinnen leisten, ist in der Corona-Krise deutlich geworden.
Viele Eltern waren überfordert, als sie plötzlich Arbeit und Kinderbetreuung gleichzeitig schultern mussten. Ohne frühkindliche Bildung haben es viele Kinder schwer, einen Einstieg in das Schulsystem zu finden. Erzieherinnen sind systemrelevant, was für eine bahnbrechende Erkenntnis.
Es fehlt die angemessene Wertschätzung
Systemrelevant zu sein, bedeutet aber nicht zwangsläufig, die angemessene Wertschätzung zu erfahren. Das müssen auch Pflegende bereits seit Jahren erfahren. In der Pflege und in der Kinderbetreuung setzen Arbeitgeber auf Menschen, die bereit sind, für vergleichsweise wenig Geld viel Stress in Kauf zu nehmen, weil sie helfen, unterstützen und begleiten wollen. Auf Dauer wird das nicht gut gehen. Wie in der Pflege droht auch in der Kinderbetreuung ein Fachkräftemangel, der schlimmstenfalls systembedrohend ist.
Den Beruf attraktiver machen
Dem gilt es gegenzusteuern: durch eine bessere Bezahlung der Beschäftigten in der Kinderbetreuung, aber auch durch ihre Entlastung. Mit der Ausweitung der praxisintegrierten Ausbildung, bei der die Auszubildenden von Anfang an für ihre Arbeit honoriert werden, hat die Landesregierung den richtigen Weg eingeschlagen, um den Beruf attraktiver zu machen.
Es ist ein Anfang, dem weitere Schritte folgen müssen. Klar ist: In dieser durchökonomisierten Welt geht es ohne Ausweitung der Kinderbetreuung nicht. Eltern sind auf sie angewiesen. Wer will, dass Kinder auch in Zukunft vernünftig betreut werden, der muss Geld in die Hand nehmen. Viel Geld. Aber das sollte es wert sein.