Essen. In Corona-Zeiten sind pflegende Angehörige nicht mehr auf dem Radar. Dabei wäre unser Pflegesystem ohne diese Familien gar nicht denkbar.

Würde man der Arbeit der pflegenden Angehörigen eine Zahl beimessen, sie würde 37 lauten: Auf 37 Milliarden Euro schätzte die AOK einst den Wert von häuslicher Pflege. Die Versicherung multiplizierte die Stundenzahl, die pflegende Angehörige aufwenden, mit dem Mindestlohn, um auf dieses Ergebnis zu kommen. Die fiktive, aber gewaltige Summe stammt aus dem Jahr 2016, trotzdem unterstreicht sie: Ohne Angehörige stünde unser Pflegesystem vor massiven Problemen. Oder um es mit den Worten der Corona-Krise zu sagen: Pflegende Angehörige sind systemrelevant.

Aus dieser Erkenntnis müssten nun eine Reihe von Corona-Soforthilfen folgen. Die Betroffenen erleben aber gerade das Gegenteil: Sie beklagen fehlende Anerkennung von der Politik. Dass sie sich vor allem gegenüber Familien mit kleineren Kindern zurückgesetzt sehen, ist absolut verständlich. Ob jemand wegen der Pflege eines betagten Vaters oder wegen der Betreuung eines Kita-Kindes in der Corona-Pandemie nicht seinem Beruf nachgehen kann, das kann dem Staat keinen Anlass zu unterschiedlich hoher Hilfsleistung geben. Grund und Verdienstausfall sind die gleichen, die Leistung für die Gesellschaft ist es auch. Das sollte anerkannt werden.