Schulen und Läden öffnen wieder - vielen geht das zu schnell. Die Landesregierung beruft sich auf ihren Expertenkreis. Ist sie gut beraten?
Politiker holen in der Corona-Krise auch die Ratschläge von Experten ein. Dagegen ist nichts einzuwenden, im Gegenteil. Problematisch wird es, wenn diese Experten das liefern, was die Politik von ihnen hören will. Der Bonner Virologe Hendrik Streeck beispielsweise hat in seiner von der Landesregierung in Auftrag gegebenen und vieldiskutierten Heinsberg-Studie exakt die wissenschaftlichen Argumente geliefert, die Ministerpräsident Armin Laschet brauchte, um Forderungen nach Lockerungen zu untermauern. Das lässt zumindest stutzig werden.
Auch die zu Recht kritisierte wirtschaftslastige Zusammensetzung des Expertenrats, dem Streeck angehört, wirft Fragen auf. Es braucht Leitplanken für eine Exit-Strategie, und es braucht definierte Ziele. Die Krise birgt die Chance, es besser als zuvor zu machen. Viele der mit Wucht zu Tage getretenen Probleme etwa im Gesundheitswesen haben ihren Ursprung in einem blinden Vertrauen in die Kräfte des Marktes. Menschen, die in Berufen arbeiten, die mit dem Label „systemrelevant“ ausgezeichnet worden sind, werden dürftig bezahlt und sind enorm belastet. Die Bildungsungerechtigkeit trifft finanziell schwächere Familien und Alleinerziehende. Dem System ist immanent, dass Gewinne privatisiert, Verluste aber sozialisiert werden. All das war vor der Corona-Krise bekannt, ist aber durch sie wie unter einem Brennglas deutlicher sichtbar geworden.
Die Landesregierung hat bis jetzt eine wichtige Chance verpasst
Wenn nun ein Expertenrat die Zukunft nach der Krise mitgestalten soll, dann reicht es nicht, wenn dieses Gremium die üblichen wirtschaftsfreundlichen Forderungen formuliert, so wichtig das Ankurbeln der Wirtschaft auch ist; es sollte vielmehr die Gelegenheit genutzt werden, auch die tieferen gesellschaftlichen Probleme anzugehen. Dazu müssten an der Diskussion aber auch andere beteiligt werden, Gewerkschaften beispielsweise oder Armutsforscher.
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Diese Chance hat die Landesregierung bislang leider verpasst. Es wäre fatal, wenn es nach der Krise einfach so weiterginge wie bisher, was bedeuten würde, dass man aus den Fehlern des Post-Finanzkrisenmanagements nichts gelernt hätte. Noch besteht die Möglichkeit, eine breitere Debatte unter Beteiligung vieler unterschiedlicher gesellschaftlicher Akteure anzustoßen. Diese Möglichkeit sollte unbedingt genutzt werden. Auch, wenn das Land noch im Krisenmodus ist. Danach ist es vielleicht wieder einmal zu spät.