Zehn Jahre nach der Loveparade-Tragödie mit 21 Toten steht fest: Niemand wird juristisch belangt. Daran ist die Justiz selbst nicht unschuldig.

Der Loveparade-Prozess ist beendet – und es scheint unerträglich, dass nun kein Mensch juristisch belangt wird für eine so fürchterliche Schlamperei, die 21 junge Menschen das Leben gekostet und Ungezählte ins Unglück getrieben hat. Es ist einer dieser Momente, in denen man am Rechtsstaat verzweifeln möchte, weil man von ihm erwartet, dass er Gerechtigkeit herstellt.

Aber auch das ist Teil unseres Rechtssystems: Ein Strafprozess stellt nicht zwangsläufig das her, was wir unter Gerechtigkeit verstehen möchten. Er ist dazu da, die individuelle Schuld des Einzelnen nachzuweisen. So ungerecht es sich anfühlt: Bei dieser Katastrophe war das extrem schwierig. Hinter dem sperrigen Begriff „multikausal“ verbirgt sich die Tatsache, dass dutzende Fehler aus völlig unterschiedlichen Quellen in ihrer Addition zur Tragödie geführt haben.

Staatsanwaltschaft trägt Schuld an den langen Verzögerungen

Das heißt nicht, dass die Justiz sich keiner Schuld bewusst sein müsste. Vor allem die Duisburger Staatsanwaltschaft, die sich an ein fragwürdiges Gutachten klammerte, das ungezählte Nachfragen provozierte und das Landgericht zu der Entscheidung trieb, das Verfahren überhaupt nicht zu eröffnen. Sie muss sich vorhalten lassen, dass es irrwitzige siebeneinhalb Jahre gedauert hat, bis der Prozess überhaupt beginnen konnte. Dass nun Verjährungsfristen greifen, dafür ist die Justiz mitverantwortlich. Auch dass sie das Geschehen am Tattag selbst im Grunde in ihrer Anklage nicht berücksichtigte, ist kritikwürdig: Warum saß die Polizei nicht auf der Anklagebank?

Nur Zyniker aber können behaupten, der Prozess sei verzichtbar gewesen, man habe den Ausgang schließlich vorhersagen können. Die Kammer hat sich im Gerichtssaal mit Blick auf die Opfer vorbildlich bemüht, das Geschehen so gründlich wie möglich aufzuarbeiten. Und auch den Hinterbliebenen ging es kaum in erster Linie darum, dass irgendwer am Ende ins Gefängnis muss. Sie wären viel schlimmer gestraft worden, hätte es diesen Prozess nicht gegeben.