Krisenzeiten dienen Politikern zur Profilierung. Heute ist das in Form eines Wettbewerbs zu beobachten: Laschet gegen Söder. Söder liegt vorn.
Krisenzeiten sind auch immer Zeiten, in denen sich Politiker profilieren können. Es brennt sich ins Gedächtnis der Wähler, wer als Krisenmanager eine gute Figur gemacht hat, weswegen Politiker immer über den Krisenhorizont hinausdenken. Einen ausgeprägten Wettstreit um die öffentliche Wahrnehmung liefern sich in diesen Tagen NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) und sein bayerischer Kollege Markus Söder (CSU).
Der eine hat früh auf Exitstrategien gedrungen, der andere ist ein Verfechter einer strikten Eindämmungspolitik mit langanhaltenden Freiheitsbeschneidungen. Das mag auf eine unterschiedliche Interpretation wissenschaftlicher Erkenntnisse zurückzuführen sein. Es ist aber auch eine Wette. Darauf, welches Gewicht die Bürger ihrer Freiheit und dem Zustand der Wirtschaft einerseits und den Risiken für die Gesundheit andererseits beimessen. Laschet glaubt an eine liberale Grundierung der Gesellschaft, Söder an eine konservative. Der Ausgang der Wette könnte weitreichende Folgen für die politische Zukunft der Kontrahenten haben. Beide haben eine mögliche Kanzlerkandidatur für die Union im Hinterkopf.
An Symbolik nicht zu überbieten
Offenbar treibt die Angst vor einer Erkrankung und vor italienischen oder spanischen Verhältnissen die Menschen derzeit noch weit mehr um als die Sorge vor konjunkturellen Einbrüchen oder der Unmut über die Einschränkung der Bürgerrechte. Umfragen sahen zuletzt Söder weit vor Laschet. Dem Bayer wird offensichtlich mehr Krisen-Kompetenz zugetraut, obwohl die Zahl der Corona-Infizierten trotz niedrigerer Einwohnerzahl im Freistaat höher ist als in NRW und von dort auch noch immer mehr Neuinfektionen gemeldet werden. Das wird sich durch die Geschehnisse der vergangenen Tage nicht geändert haben.
Laschet konnte sich bei den Bund-Länder-Gesprächen mit seinen Lockerungsvorstellungen nicht durchsetzen, seine Schulministerin musste voreilige Ankündigungen zur Öffnung der Schulen wieder relativieren. Dass bei der Verkündung der Ergebnisse der Bayer neben der Kanzlerin saß, war an Symbolik nicht zu überbieten.