Man möchte so gerne etwas tun. Aber das heldenhafteste, was wir machen können, ist auf dem Sofa sitzen zu bleiben
Die Welt, wie wir sie kannten, die gibt es nicht mehr. Der rasende Kreislauf der Überflussgesellschaft kommt zum Stillstand. Immer mehr Nachbarn wird die Existenzgrundlage unter den Füßen hinweggezogen. Wie soll das nur werden? Die Werte verschieben sich derzeit radikal, denn wir stellen fest, dass wir uns geirrt haben. Nicht Investmentbanker und Influencer sorgen für unser Überleben, sondern die übersehenen Mitbürger in den niedrigen Lohngruppen, die Kassiererinnen, Busfahrer, Müllwerker und Pflegekräfte. Sofern es sich dabei um Frauen handelt, die Kinder großziehen, gehen diese Berufe am Ende vom Lied mit einer winzigen Rente nach Hause. Das wird sich ändern.
Interessant finde ich, dass ausgerechnet jene Gruppen sich mit den neuen Einschränkungen des sozialen Lebens besonders schwer tun, die bisher autoritäre Strukturen gefordert haben, wo es unsereinem um Vielfalt und Toleranz ging. So akzeptieren bestimmte katholische Kreise das Verbot der Mundkommunion nicht. Dass das Verbot auch den Priester schützt, kommt ihnen nicht in den Sinn. Ich bin überzeugt, dass ein Segen im Segen liegt und nicht in der Darreichung, und dass der liebe Gott Gebete auch ohne Formalien erhört. Für viele Menschen ist es offenbar eine neue Erfahrung, begreifen zu müssen: Es geht gar nicht um sie.
Die Welt ist so still geworden
Der Himmel ist blau in diesen Tagen, weil die Kondensstreifen der Flugzeuge wegfallen. Und die Welt ist so still. Der Mallorca-Flieger donnert nicht mehr über unser Dorf. Der Bauer fährt Gülle, die Erde drückt vor Fruchtbarkeit, denn der Frühling kommt mit Macht, der stört sich nicht an Corona. Das ist die unerbittliche Gleichgültigkeit der Natur. Wir sollten froh sein, dass uns die Seuche nicht im November getroffen hat. Licht und Wärme sind gute Begleiter in der Not.
Man möchte so gerne etwas tun.
Man möchte heldenhaft sein, Verwundete versorgen, für Feuerwehrleute Suppe kochen, an der Kasse mit einspringen, aber das heldenhafteste, was man machen kann, ist auf dem Sofa zu bleiben.
So erklärt sich meines Erachtens auch die Sache mit dem Klopapier. Klopapier horten, ist der verzweifelte Versuch, wenigstens ein bisschen Kontrolle zu behalten in einem außer Kontrolle geratenen Alltag.
Die Welt hält den Atem an. Es ist unsere Freiheit, mit der Situation fertig zu werden und unsere Bürde. Also sollten wir uns mal besser schnell in ein Volk von Erwachsenen verwandeln.