Mit der Aufarbeitung der Missbrauchsskandale will das Bistum verlorenes Vertrauen zurückgewinnen. Offen ist, ob wichtige Reformen folgen werden.

„Viele Menschen glauben uns nicht mehr. Und ich habe dafür Verständnis.“ Mit Scham und Betroffenheit hatte Kardinal Reinhard Marx, damals Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, im Herbst 2018 auf die Studie zum sexuellen Missbrauch reagiert. Seit 1946 wurden demnach 3677 Minderjährige Opfer sexueller Gewalt von 1670 Klerikern. Die Studienautoren sprachen aber selbst davon, wohl nur die Spitze des Eisbergs erkannt zu haben.

Gespräche mit Opfern und Tätern

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Das Bistum Essen, schon seit Jahren um Aufklärung und Transparenz bemüht, unternimmt nun einen weiteren wichtigen Schritt, um verlorenes Vertrauen wiederzugewinnen. Es lässt von unabhängiger Seite die Machtstrukturen durchleuchten, die Missbrauch begünstigt und Vertuschung ermöglicht haben. Entscheidend dabei ist, dass die Forscher nicht nur die Akten sichten und Zahlen präsentieren, sondern mit den Betroffenen sprechen – mit Opfern und Tätern. Damit zog das Ruhrbistum die richtigen Schlüsse aus dem schwelenden Missbrauchsskandal und setzt innerhalb der Kirche ein Zeichen des Aufbruchs.

So wichtig dies für Glaubwürdigkeit der Kirche ist, so groß sind jedoch auch die Zweifel, ob auf die Studie entscheidende Reformen folgen werden. Die mutlose Schmerzensgeld-Regelung der Bischöfe hat zugleich die Hoffnung vieler Missbrauchsopfer enttäuscht, dass die Kirche ihre besondere Verantwortung für die Verbrechen erkennt.