Milieu-Partei für moralische Großstädter? Die Grünen in NRW wollen sich im Umfragerausch thematisch verbreitern und neue Kreise erschließen.
Der grüne Höhenflug gehe irgendwann schon vorüber, beruhigen sich seit Monaten die Strategen von CDU und SPD. Werde die Öko-Partei erst einmal in Regierungsverantwortung chemisch gereinigt und nicht mehr von Groko-Frust und Klima-Zeitgeist beflügelt, sei es ganz, ganz schnell vorbei mit den Volkspartei-Träumen. Gab es nicht schon einmal nach Fukushima ein böses Erwachen?
Kann alles so kommen. Muss es aber nicht. In NRW ist eine erstaunliche Lernkurve der Grünen zu beobachten. Nach dem Landtagswahldebakel 2017, das mit einer ideologischen Schulpolitik und wirtschaftsfeindlichen Verbotskultur zum Gutteil selbst verschuldet war, hat ein Umdenken eingesetzt. An die Stelle moralischer Überheblichkeit ist das Interesse getreten, breitere Bevölkerungsschichten zu erschließen. Plötzlich gehören Innen- oder Wirtschaftspolitik zum Sortiment und ländliche Räume zur Zielgruppe. Die NRW-Grünen wollen nicht mehr Milieupartei sein. Es fehlt zwar noch am charismatischen Laschet-Herausforderer, doch bislang tragen die Habeck/Baerbock-Popularitätswerte bis an den Rhein. Wohin das führt? Der ungebrochene Boom an Parteieintritten zeigt zumindest, dass die in Großstädten und bei Jungen schwache CDU und die irrlichternde SPD in NRW reichlich Entfaltungsmöglichkeiten lassen.