Die Not ist groß bei Thyssenkrupp. Eine Sonderausschüttung an die Aktionäre wäre in dieser Lage verantwortungslos.
Beim Essener Traditionskonzern Thyssenkrupp geht es drunter und drüber. In brenzliger Lage wird der Vorstandschef nach nur etwas mehr als einem Jahr an der Spitze angesichts anhaltender Erfolglosigkeit aus dem Amt gedrängt. Seine Nachfolgerin – die amtierende Aufsichtsratschefin Martina Merz, die eigentlich den Vorstand kontrollieren soll – will nun für maximal zwölf Monate den Konzern mit seinen rund 160.000 Mitarbeitern lenken. Ob sie die Lage stabilisieren kann?
Notgedrungen erwägt Thyssenkrupp ausgerechnet eine Trennung von jenem Geschäftsbereich, der am besten läuft. Ein Verkauf der Aufzugssparte, die immerhin rund 53.000 Menschen beschäftigt, rückt näher. Das „beste Pferd im Stall“, wie Heinrich Hiesinger den Bereich Elevator zu seiner Zeit als Thyssenkrupp-Chef nannte, soll zu Geld gemacht werden. Freiwillig kann eigentlich niemand auf eine solche Idee kommen.
Testfall für die soziale Marktwirtschaft
Üblicherweise verfolgen Manager die Strategie, ertragreiche Geschäfte zu halten und schwächere Einheiten abzugeben. Bei Thyssenkrupp ist es nun umgekehrt. Die Begründung ist denkbar einfach: Dringend muss Geld in die Kasse kommen, um Thyssenkrupp finanziell zu stabilisieren. Und eine Sanierung – etwa der Sparte Anlagenbau – kostet zunächst einmal Geld.
In dieser Situation wäre eine Sonderausschüttungen für die Aktionäre schlicht verantwortungslos. Wenn Thyssenkrupp eine hohe Milliardensumme durch den Elevator-Verkauf erhält, muss das Geld in der Firma bleiben, um möglichst viele Arbeitsplätze zu retten und Investitionen in die Zukunft zu ermöglichen. Ansonsten droht der Konzern auszubluten. Thyssenkrupp ist auch ein Testfall dafür, ob die soziale Marktwirtschaft – also ein Ausgleich der Interessen von Arbeitnehmern und Kapitalgebern – funktioniert.