Schwimmmeister werden von Badegästen ignoriert, beleidigt und sogar attackiert. Respekt muss neu erlernt werden. Nicht nur im Freibad.

Früher verbrachten Familien im Revier ganze Sommer im Freibad. Herrliche Ferientage für die, die sich keinen Urlaub im Süden leisten konnten – solange nur die Sonne schien. Dass die Kinder sich in der Hitze nicht verbrannten, war die größte Sorge der Mütter, die ihren Nachwuchs, sobald er sicher schwimmen konnte, natürlich allein ziehen ließen. Auch damals gab’s Rangeleien am und im Becken. Doch brüllte der Bademeister (der damals noch so hieß) „Nicht mehr vom Rand springen!“ – sprang niemand mehr vom Rand.

Heute bleiben die Worte der Schwimmmeister ungehört. Sie müssen sich anpöbeln und beleidigen lassen; die Polizei um Hilfe rufen. Mancher wurde sogar schon körperlich angegriffen. (Kein Wunder, dass immer weniger junge Menschen diesen Beruf, der uns damals als Traumjob galt, ergreifen wollen.) Und Mütter sorgen sich um ganz andere Dinge als Sonnenschutz – sollten sie ihre Kinder tatsächlich noch unbegleitet ins Freibad lassen.

Dass meine Freiheit da endet, wo die des anderen anfängt, wusste schon Immanuel Kant (1724-1804). Rücksichtnahme und Respekt sind wichtige Werte. Manche müssen sie vielleicht erst lernen, anderen müssen sie neu vermittelt werden, wir alle müssen sie konsequent vorleben. Doch gilt in unserer Gesellschaft vielen nicht Rücksichtslosigkeit längst als Stärke und Rücksichtnahme als Zeichen von Schwäche? Schauen Sie nur mal auf die Autobahnen.