Kleine Abgabe, große Wirkung: Die Reform der Grundsteuer droht zum Stolperstein für die Glaubwürdigkeit von Politik werden.
Kleine Abgabe, große Wirkung: Jahrelang ein Aufreger allenfalls in Städten, die wie im Ruhrgebiet aus blanker Finanznot ihre Hebesätze in astronomische Höhen schraubten, rückt die Grundsteuer mehr und mehr in den Fokus einer breiten Öffentlichkeit. Die vom Verfassungsgericht verordnete Reform der bei vielen Bürgern schon heute ungeliebten Kommunalabgabe droht dabei zum Stolperstein für die Glaubwürdigkeit von Politik werden. Das Problem aus Sicht der politisch Verantwortlichen: Die Grundsteuer betrifft auf die eine oder anderen Art jeden: Mieter, Hausbesitzer, die Städte insgesamt.
Man muss kein Mathe-Genie sein, um ermessen zu können, dass die nach Jahrzehnten erste Neubewertung von 36 Millionen Grundstücken zu einer massiven Umverteilung der jährlich rund 15 Milliarden Euro an Grundsteuereinnahmen führen wird. Sonst wäre die Reform ja keine Reform. Die Zahl derjenigen, die sich am Ende als Verlierer sehen, weil sie höher veranlagt werden als bisher, dürfte dabei weit größer ausfallen, als Politiker es derzeit offiziell zugeben wollen.
Damit nicht genug, gibt es auch innerhalb der Berliner GroKo nach wie vor erhebliche Widerstände gegen den mühsam errungenen Kompromiss. Und FDP und Grüne werden sich ihr notwendiges Okay nicht ohne Gegenleistung abhandeln lassen. Die Liberalen könnten einen Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer zu Lasten der Länder durchsetzen, die Grünen darauf bestehen, die heute übliche Umlage der Grundsteuer auf die Mieter zu verbieten. Explosiv ist am Ende beides.
Dass sich NRW-Finanzminister Lutz Lienenkämper auf diesem verminten Gelände bislang nur zögerlich bewegt, ist strategisch nachvollziehbar. Politisch ist es unklug. Der Eindruck, dass sich die Politik vor Entscheidungen kalkuliert herumdrückt, ist fatal.