Dass kurz vor wichtigen Wahlen Putschgerüchte aufkommen, beweist das Talent der SPD zur Selbstdemontage. Für Parteichefin Nahles wird es eng.
Die leidgeprüfte SPD-Basis wird allen Prognosen zufolge erneut keinen für sie schönen Wahlsonntag erleben dürfen. Wenn eintrifft, was die Umfragen vorhersagen, wird in der Folge die kommende Woche für Andrea Nahles bitter. Es werden bereits die Messer gewetzt.
Die Demontage von Führungspersönlichkeiten, das ist etwas, was kaum eine Partei so gut beherrscht, wie die SPD. Die vergangenen Tage mit all ihren – trotz der anstehenden Wahlen – aus den verschiedenen Parteizirkeln durchgestochenen Putschgerüchten sind dafür beredtes Beispiel.
Nicht nur, aber insbesondere in NRW sind die Sozialdemokraten zutiefst unzufrieden mit der Arbeit der ersten Frau an der Spitze der Partei. Das Grummeln an der Basis ist laut, noch immer haben viele Genossen Nahles ihre Verrenkungen vor der Neuauflage der Großen Koalition nicht verziehen oder das taktische Versagen beim Handhaben der Affäre Maaßen.
Nahles, so heißt es in Gesprächen immer wieder, habe als Arbeitsministerin einen sehr guten Job gemacht – als Parteichefin und Fraktionsvorsitzende aber sei sie nicht geeignet. Zu bollerig, zu undiplomatisch, zu visionslos.
Als ein möglicher Nachfolger für den Fraktionsvorsitz wird Achim Post gehandelt, der Vorsitzende der mächtigen NRW-Landesgruppe. Dass er gehandelt wird, zeigt, wie orientierungslos die Partei derzeit ist. Post ist keiner, der die Fraktion auf den Linkskurs einschwören könnte oder wollte, auf den der NRW-Landesverband die Partei gerne trimmen würde, um ihr wieder ein erkennbares Profil zu geben.
Oder Martin Schulz, dem jetzt der Spiegel Ambitionen auf den Fraktionsvorsitz zuschreibt. Schulz haftet der Makel des Verlierers an. Für einen Aufbruch, den die Partei dringend braucht, steht er nicht.
Verlöre Nahles den Fraktionsvorsitz, würde es nicht lange dauern, bis ihr Amt als Parteichefin zur Disposition steht. Immer wieder fällt der Name des Niedersachsen Stephan Weil für eine mögliche Nachfolge. Er hat die letzte Wahl für die SPD gewonnen. Das war 2017.