Österreichs Vizekanzler von der rechten FPÖ stolpert über geheim gefilmtes Video. Er bietet Staatsaufträge gegen Spenden und will Medien kaufen.

Wer nicht hören will, der muss halt fühlen. Es hat nicht an Warnungen an die Adresse des jungen österreichischen Kanzlers gefehlt, sich bloß nicht mit den alpenländischen Rechtsaußen ins Koaltionsbett zu legen. Lange hat er weggeschaut, sich Unappetitliches schöngeredet. Zuletzt hat Sebastian Kurz sogar noch versucht, die Attacken der FPÖ gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk wegzumoderieren. Nach den entlarvenden Äußerungen im dem Ibiza-Video geht das nicht mehr. Österreich und Europa sehen: Koalitionen mit Rechtspopulisten führen ins Chaos.

Auch andere Parteien, auch in Deutschland, waren schon in Spendenaffären verstrickt. Auch Politiker anderer Parteien haben sich schon mit eitlem Geschwätz um Reputation und Posten geredet. Aber das, was Vizekanzler Strache in dem Video sagt, fällt genau in das Muster des von allen Rechtsextremen gezeichneten Zerrbildes von angeblich ferngesteuerten, von der Regierung gleichgeschalteten Medien in westlichen Demokratien. Die groteske These: Ich kauf mir eine Zeitung, setze meine Parteigänger an die entscheidenden Positionen, und dann schreiben die Journalisten das, was ich ihnen sage und machen Werbung für meine Partei.

Mag sein, dass sowas in Russland klappt, in der Türkei oder in Ungarn. In Österreich geht das nicht – und auch in Deutschland nicht. Da ist das Grundgesetz vor.

Die Rechte der Medien, die unsere Verfassung schützt, bringen auch Verantwortung mit sich. Der Wahrheitsgehalt von Nachrichten und die Seriosität von Quellen sind zu prüfen. Es ist schon merkwürdig, dass dieses Video zwei Jahre nicht gezeigt wurde und kurz vor der Europawahl lanciert wird. Wer steckt hinter dieser Falle? Wer will – und warum gerade jetzt – Österreichs Regierung stürzen? Diese Fragen hätten wir uns bei der NRZ auch gestellt, wenn uns das Video gebracht worden wäre. Und auch wir hätten das Video veröffentlicht. Denn es ist authentisch, wahr und entlarvend. Die Bürger haben einen Anspruch darauf, davon zu erfahren. Es zu veröffentlichen und darüber zu schreiben, ist der Auftrag einer freien Gesellschaft an Journalisten.