Immer mehr Menschen kehren den Kirchen den Rücken. Die Gesellschaft muss sich auf einen Substanzverlust im kirchlichen Angebot einstellen.
Der gesellschaftliche Trend ist nicht neu: Traditionelle Institutionen wie Gewerkschaften, politische Parteien, Vereine – sie alle verlieren mit wenigen Ausnahmen in einer immer individualisierteren Welt zunehmend an Bindungskraft. Für die beiden großen Kirchen gilt das ganz besonders. Der Substanzverlust bei Katholiken und Protestanten bewegt sich seit Jahren in beispielloser Größenordnung. Das ist nicht nur eine Frage der Demografie. Im Ruhrbistum geht man davon aus, dass jeder zweite Katholik in seinem Leben der Kirche ganz bewusst den Rücken kehrt.
Nun wäre es grundfalsch, jeden Kirchenaustritt gleich zum Untergang des Abendlandes zu stilisieren. Besonders die katholische Kirche darf sich angesichts der Missbrauchsskandale in ihren Reihen nun wirklich nicht über diese Abstimmung mit den Füßen wundern.
Doch sollte der Trend anhalten, werden beide großen Kirchen künftig deutlich weniger Gewicht in die gesellschaftliche Waagschale werfen können. Auch aus dem Lebensalltag der Menschen wird sich die Kirche immer mehr zurückziehen müssen. Was das für liebgewonnene Angebote wie konfessionelle Kitas, Schulen oder Seniorenheime heißt, ist noch gar nicht abzusehen. Veränderungen aber wird es auf jeden Fall geben. Wir sollten uns besser heute als morgen darauf einstellen.