Im Rheinland müssen die Katholiken mit Kirschlorbeer am Palmsonntag in die Messe gehen. Darf man das überhaupt? Wir geben die Antwort

Das Rheinland ruft um Hilfe. Ausgerechnet in den erzkatholischen Gegenden zwischen Siebengebirge und holländischer Grenze ist das Palmsonntags-Brauchtum in Gefahr. Der Buchsbaum für die Sträußchen wird knapp. In den Gefilden am großen Strom vernichtet der Buchsbaumzünsler, eine asiatische Raupe, die Bestände so rasant, dass viele Pastöre ihre Schäfchen aufrufen, Ilex oder Kirschlorbeer zum Segnen mit in die Messe zu bringen.

Am Sonntag vor Ostern beginnt im Kirchenjahr die Karwoche. Die Christen gedenken des Einzugs Jesu Christi in Jerusalem. Laut Bibel jubelte das Volk ihm zu und streute ihm Palmzweige. Palmen wurden als heilige Bäume verehrt; in Israel galten sie als Symbol für die Unabhängigkeit und den König.

Tradition aus dem 9. Jahrhundert

Schon aus dem 9. Jahrhundert stammt die Tradition, vor Ostern Palmzweige zu weihen. Doch in Nordeuropa wachsen keine Palmen. Hier hat sich der Buchsbaum durchgesetzt. Die europäische Palmweihe verbindet christliche Überlieferung mit diversen heidnischen Frühjahrsbräuchen. Die geweihten Zweige sollten das Haus bis zur nächsten Erneuerung vor Blitz und Feuersgefahr schützen. Heute ist davon vielfach nur die geliebte Praxis übrig geblieben, die Palmsträußchen nach der Messe zu Hause hinter das Kreuz oder im Herrgottswinkel hinter die Marienfigur zu stecken. Buchsbaum ist ein guter Ersatz für Palmen, weil er bislang überall verfügbar war. Früher diente er in jedem Bauerngarten als Beeteinfassung.

Es waren wieder die Römer

Was man nicht alles lernt, wenn man sich für den Buchsbaum interessiert! Es waren nämlich die Römer, die als erste ihre Beete mit Buxus eingefasst haben und diese Gartenkultur vermutlich mit über die Alpen brachten.

Unvorstellbar, dass man jetzt zur Palmweihe das Gewächs durch den Kirschlorbeer ersetzt, oder? Die Liturgie-Experten winken ab. Jeder Zweig tut es demnach, es muss noch nicht einmal ein immergrüner sein.

Bei alledem ist die Frage naheliegend, ob nur das Rheinland von der Krise betroffen ist. Die Antwort lautet: Jein! Auch in Hamm ist der Zünsler aktiv. Der sauerländische Buxus sempervirens allerdings wächst und gedeiht erstaunlicherweise. Aus Brilon, Olpe, Hagen und Breckerfeld werden keine Palmsträußchen-Engpässe gemeldet. Und was lehrt uns das? Auf jeden Fall, dass der Segen im Segen liegt und nicht im Buchsbaum.