Im Fall des massenhaften Missbrauchs von Lügde hat vor allem die Polizei versagt. Das kann politisch hochbrisant werden für die NRW-Regierung.
NRW-Innenminister Herbert Reul bleibt nur die Flucht nach vorn. Der CDU-Mann ist erfahren genug zu wissen: Dieser Polizei-Skandal im Fall des massenhaften Kindesmissbrauchs von Lügde ist geeignet, das Vertrauen in den Rechtsstaat zu erschüttern.
Wenn 155 CDs und DVDs in einem Fall solcher Tragweite aus einem Dienstgebäude der Polizei verschwinden, mag niemand mehr an Schlamperei glauben. Man kann nur hoffen, dass sich nicht all die Gerüchte bewahrheiten, es habe Verbindungen zwischen der Polizei und den Hauptverdächtigen gegeben.
Reul sprach früh von Behördenversagen
Es schien schon schlimm genug, dass erste Hinweise auf die Verbrechen in dem schmuddeligen Campingwagen offenbar über lange Zeit nicht ernst genommen wurden. Mehr als zehn Jahre lang konnten dort 31 Kinder von mehreren Männern missbraucht und dabei gefilmt werden.
Wenn jetzt auch noch Beweismaterial aus eigentlich gesicherten Polizei-Räumen verschwindet, passt das ins traurige Bild. Reul hat frühzeitig von „Behördenversagen an allen Ecken und Kanten“ gesprochen. Gefährlich für ihn: Es ist vor allem eine ihm unterstellte Behörde, die versagt hat.
Sonderermittler aus dem Landeskriminalamt sollen nun bei den Kollegen in Ostwestfalen alles auf den Kopf stellen, um den offenkundigen Saustall auszumisten. Die SPD hat bereits einen weiteren parlamentarischen Untersuchungsausschuss im Landtag angedroht. Das kann politisch hochbrisant werden für die Landesregierung – und all ihre Bemühungen um die „Null Toleranz“-Linie konterkarieren.