FDP-Chef Christian Lindner sucht nach Wegen an die Macht. Bevor sie das angehen, sollten die Liberalen aber deutlich machen, wofür sie stehen.
Nicht gut gelaufene Dinge positiv darzustellen: Diese Kunst beherrschen viele Politiker. Christian Lindner ist in dieser Disziplin Meister. Der FDP-Chef, der heute 40 Jahre alt wird, stellt seine Verweigerung zu einer Jamaika-Koalition im November 2017 immer noch als gut und richtig dar. Zwei Zahlen sprechen aber dagegen: Bei der letzten Bundestagswahl kam seine FDP auf 10,7 Prozent, heute liegen die Freidemokraten laut Umfragen zwischen 7 und 9 Prozent. Eine Entwicklung zum Positiven ist das nicht.
Sicher liegt es daran, dass viele Menschen kaum erkennen können, wofür die FDP steht. Da sind sie nicht anders als CDU und SPD. Während die Liberalen früher für Wirtschaft und Bürgerrechte standen, leuchtet vor allem die letztgenannte Kompetenz kaum noch auf. Schade, denn die Rechte des Einzelnen benötigen gerade heute eine kluge und starke Stimme. Gleichwohl drängt Lindner Richtung Macht und wirbt erneut für Jamaika. Doch dazu hat sich die Lage vom Spätherbst 2017 arg gewandelt: Die GroKo regiert zunächst weiter. Und wenn sie mal brechen sollte, dann werden die erstarkten Grünen ein zäher Verhandlungspartner. Mit rund 20 Prozent im Rücken sind sie mehr als doppelt so stark wie die FDP. Viel herausholen kann man damit nicht, selbst der rhetorisch begabte Lindner nicht.
Vielleicht hat sein Vize Wolfgang Kubicki deswegen kürzlich der SPD Mut zugesprochen und an gute sozial-liberale Zeiten erinnert. Eine Mehrheit gibt es derzeit dafür nicht. Aber in Zeiten wie diesen sollte man sich keine Option verbauen.