CSU und SPD müssen bei der Landtagswahl gewaltige Verluste hinnehmen. Die Gründe für den Niedergang liegen nicht nur in Bayern.

Das politische Beben ist perfekt. Die CSU verliert in Bayern dramatisch, die SPD nähert sich der Bedeutungslosigkeit mit Siebenmeilenstiefeln, die Grünen triumphieren, die AfD zieht in das nächste Landesparlament ein. Wieder einmal haben die Wähler den etablierten (Volks?-)Parteien einen Denkzettel verpasst. Seinen egozentrischen Spruch „Bayern ist die CSU. Und die CSU ist Bayern“ kann Ministerpräsident Söder getrost vergessen.

Selten ist der Ausgang einer Wahl schon vor dem offiziellen Ende der Stimmabgabe so ausführlich analysiert worden wie in diesem Fall. Selten haben sich die Verlierer schon bevor sie überhaupt als solche feststanden so intensiv gegenseitig für die Niederlage verantwortlich gemacht. Das Debakel der Christsozialen – man hat es kommen sehen.

AfD-Strategie kopiert

Die Gründe liegen auf der Hand. Söder, der erst Kruzifixe in bayerischen Behörden zur Pflicht erklärte, anschließend aber Flüchtlinge unbarmherzig und pauschal als Asyltouristen diffamierte, scheiterte mit dem Versuch, die Strategie und Sprache der AfD zu kopieren. Sein Dauerstreit mit Horst Seehofer nervte am Ende nur noch. Die beiden gönnen sich nicht den Dreck unter den Fingernägeln, ihre zuletzt zur Schau getragene Harmonie wirkte nur noch wie eine billige Schmierenkomödie. All das kostete Glaubwürdigkeit.

Eigentlich müsste Söder zurücktreten. Wird er aber nicht, weil er sich von der Macht nicht trennen kann. Eigentlich müsste auch Horst Seehofer zurücktreten. Wird er aber nicht (freiwillig), weil er sich von der Politik nicht trennen kann, er sich für unersetzlich hält und ihm die Gabe der Selbstkritik fehlt. Aber die Partei wird in Kürze einen mehr oder weniger schmerzvollen Weg finden, ihn als Parteivorsitzenden loszuwerden. Denn Seehofer schadet der CSU.

Die SPD nähert sich derweil der Fünf-Prozent-Hürde. Die Sozialdemokraten taumeln in eine für sie gefährliche Abwärtsspirale: Niemand verbündet sich mit Verlierern. Das gilt übrigens nicht nur in Bayern.

Und die Grünen? Sie sind die großen Gewinner in Bayern, denn sie präsentierten sich sowohl als traditionsverbunden wie auch als frische Alternative mit jungen Gesichtern. Zudem punkteten sie mit landespolitisch wichtigen Themen wie zum Beispiel dem grassierenden Flächenverbrauch in ihrem landschaftlich schönen Bundesland. Und selbstverständlich zogen sie – wie auch die AfD – Kapital aus den Schwächen der anderen.

Angst vor der Zukunft

Natürlich hat die Wahl in Bayern auch eine große bundespolitische Bedeutung. Viele Bürger haben die politische Elite so satt wie eine alte Wohnzimmertapete. Die Gründe dafür sind vielfach emotionaler Natur, nicht rationaler. Denn Deutschland steht wirtschaftlich so gut da wie seit Jahrzehnten nicht mehr, Bayern ja auch. Es ist vielmehr die Angst vor der Zukunft, die immer mehr Bürger in andere politische Lager treibt.

Die große Koalition und Angela Merkel werden ihren Kopf nur noch aus der Schlinge ziehen können, wenn sie umgehend ihre Pflicht erfüllen: Sorgen der Bürger ernstnehmen, soziale Gerechtigkeit schaffen, Zuwanderung regeln, Probleme lösen. Also: zum Wohle des Volkes agieren. Kurz gesagt: arbeiten! Für Selbstbeschäftigung haben die Bürger kein Verständnis mehr.

Ob Union und SPD dazu noch in der Lage sind? Die Hoffnung stirbt zuletzt. Aber irgendwann stirbt auch sie.