In der Krise sind Fehler gemacht worden, die einen Untersuchungsausschuss rechtfertigen. Aber es muss auch über Europa gesprochen werden.
Die Zahl der Flüchtlinge, die in den ersten vier Monaten dieses Jahres nach Europa gekommen sind, ist im Vergleich zum Vorjahreszeitraum deutlich zurückgegangen. Das darf den Blick nicht darauf verstellen, dass die verschlossen geglaubte Balkanroute wieder intensiver genutzt wird. Menschen aus Syrien, Afghanistan, dem Irak, Libyen und Pakistan versuchen, über Albanien, Bosnien und Slowenien in die nördlicher gelegenen Staaten Europas zu gelangen, das Hauptziel ist Deutschland. Die Flüchtlinge kommen, obwohl viele von ihnen wissen, dass Europa sie allenfalls kühl aufnehmen wird. Sie kommen, weil in ihren Heimatländern noch immer Krieg und Konflikte herrschen oder weil sie das Leben in Camps nicht mehr aushalten.
Es ist nicht die Zeit für die Neuauflage hysterischer Diskussionen. Die Zahlen sind nicht geeignet, selbst eine Behörde wie das in jüngster Zeit so heftig kritisierte Bamf ins Schwitzen zu bringen. Mittlerweile greift das Räderwerk. Jeder vierte Flüchtling hat einen Job gefunden, die Integration macht langsame, aber sichtbare Fortschritte. Deutschland kann stolz sein – trotz aller Fehler, die gemacht wurden, und die tatsächlich in einem Untersuchungsausschuss aufgeklärt werden müssten. Geredet werden muss aber auch über Europa. In Slowenien wie in Italien sind jetzt flüchtlingsfeindliche Regierungen an der Macht, in Griechenland leben Flüchtlinge unter furchtbarsten Bedingungen. Nach all den innenpolitischen Diskussionen über Flüchtlinge ist es an der Zeit, endlich wieder europäische Solidarität einzufordern.