Seit 1993 hat der Rechtsradikalismus sich verändert. Er tritt vielerorts nicht mehr so roh und plump auf. Das Weltbild ist aber das Gleiche.
Heute vor 25 Jahren starben in Solingen fünf Menschen. Rechtsterroristen löschten beinahe eine ganze Familie aus. Der Brandanschlag war der grauenhafte Höhepunkt einer ganzen Serie fremdenfeindlicher Übergriffe, die die frühen neunziger Jahre erschütterten.
In Hünxe und Mölln brannten Menschen und Häuser, in Hoyerswerda und Rostock randalierte der Mob tagelang. Viele Bürger stellten sich damals dem Hass entgegen. Die Politik reagierte, indem sie die Asylgesetzgebung verschärfte. Es half nicht sonderlich viel.
Auf dem rechten Auge blind
In den Jahren nach Solingen trieb der NSU sein mörderisches Unwesen. Zehn weitere Menschen mussten sterben, auch, weil die staatlichen Stellen versagten, auf dem rechten Auge blind waren.
In der Flüchtlingskrise rotteten sich wieder Rechtsterroristen zusammen, es brannten Flüchtlingsheime. Es war nur Glück, dass es diesmal keine Toten gab.
Seit 1993 hat der Rechtsradikalismus sich verändert. Er tritt vielerorts nicht mehr so roh und plump auf. Anstatt grölender Skinheads mit Springerstiefeln marschieren jetzt gut gekleidete, adrett frisierte junge Menschen. Ihr Weltbild unterscheidet sich aber nicht wesentlich von dem der Rechten in den neunziger Jahren.
Und im Bundestag sitzt eine Partei, die eine Religion in ihrer Gesamtheit ablehnt und verurteilt, den Islam. Das ist die Religion von Mevlüde Genç, die bei dem Anschlag von Solingen zwei Töchter, zwei Enkelinnen und eine Nichte verlor, und die trotzdem für Frieden und Verständigung eintritt.
2018 sind Rassismus und Intoleranz gesellschaftsfähig geworden. Es ist, als hätten wir nichts aus Solingen gelernt.