Deutschland, Steuern, einfach – die Begriffskette scheint nicht zusammenzupassen, wie die Mehrwertsteuer zeigt
Deutschland, Steuern, einfach – die Begriffskette scheint nicht zusammenzupassen. Ein schönes Beispiel ist hierfür die Mehrwertsteuer, die vor 50 Jahren aus der Taufe gehoben wurde. Sie sollte das bisherige System der „Allphasen-Brutto-Umsatzsteuer“ vereinfachen. Und natürlich auch gerecht sein. Dafür wurde der ermäßigte Satz von fünf Prozent gegenüber dem vollen von zehn Prozent eingeführt. Die Grundversorgung eines jeden sollte erschwinglich bleiben. Was aber gehört zum Grundbedarf? Die Beispiele an absurden Ermäßigungen sind inzwischen Legende: Froschschenkel, Wachteleier und Trüffel zählen steuerrechtlich zum Grundbedarf, Babynahrung, Fruchtsaft oder Mineralwasser dagegen nicht.
Es drängt sich der Verdacht auf, dass hier nicht nur „Gerechtigkeit“ waltet, sondern sich vor allem auch das Wirken einflussreicher Lobbygruppen niederschlägt. Und so fehlen auch nicht die Rufe nach einer dringend notwendigen Reform – am besten europaweit. Denn dass keine Mehrwertsteuer auf den Warenverkehr innerhalb der Gemeinschaft erhoben wird, lädt zum Betrug ein – so wie er auch bei anderen Versäumnissen oder Schlupflöchern möglich ist. Deren Bekämpfung hat sich die Politik zwar auf die Fahnen geschrieben. Sie hat die Lücken oder Ausnahmen aber auch selbst produziert. Und der Reformeifer erlahmt recht schnell wieder, sobald sich die Aufregung über die Panama- oder Paradise-Papers gelegt hat.
Wahrscheinlicher ist deshalb, dass es weiter wie bei der letzten Mehrwertsteuererhöhung 2007 läuft: Die SPD wollte höchstens um einen Punkt anheben, die Union um zwei – geeinigt hat man sich (steuer)logischerweise auf drei: die größte Steuererhöhung in der Geschichte der Bundesrepublik.