Der Bundespräsident drängt die Parteien, eine Regierungsbildung voranzutreiben – und auf Neuwahlen zu verzichten. Der Druck auf die SPD wächst.
Stabilität ist ein Fetisch, ein Bedürfnis, ein Gütezeichen der Bundesrepublik. Viele hoffen, dass der Bundespräsident den Chefs von CDU, CSU und SPD ins Gewissen redet und die sich einen Ruck geben.
Unpolitisch ist die Vorstellung, es ginge allein um das Land. Eine große Koalition ist für CSU-Chef Horst Seehofer die Perspektive, die ihm Macht sichert. Wenn es für ihn eine Exit-Strategie aus der CSU-Führungskrise gibt, führt sie über Berlin. Für Angela Merkel wäre eine Groko-Neuauflage die bequemste Form der Machtsicherung. Schließlich Frank-Walter Steinmeier, der Präsident. Andere haben Ruck-Reden gehalten, er würde einen Ruck herbeiführen und in die Geschichte eingehen.
Die Frage, die er sich nicht mehr an erster Stelle stellen muss, lautet: Was macht eine große Koalition mit der SPD? 2009 verlor sie 11,2 Punkte, ein Absturz. Davon hat sich die SPD bis heute nicht erholt. Das einzige Mal, dass sie in den letzten zwölf Jahren zugewonnen hat, war 2013 unter Peer Steinbrück – sie kam aus der Opposition. Es wäre mehr als legitim, wenn die SPD an sich selbst denken würde, heißt: unter welchen Vorzeichen sie Nutznießerin der Groko sein kann. Das Szenario dazu wäre eine Kanzlerin, deren Zeit und Kraft zu Ende geht, wären verstörende Nachfolgekonflikte. Zwangsläufig ist das nicht.
Für die Demokratie ist es nicht nur wertvoll zu regieren, sondern auch verantwortungsvoll Opposition zu leisten. Wenn die SPD regiert, wäre die AfD stärkste Oppositionskraft. In jeder Debatte wäre Gauland die Antwort auf Merkel. Stabilität verheißt das auch nicht.