Mit breiter Mehrheit hat das EU-Parlament dafür gestimmt, die Beitrittsgespräche mit der Türkei vorerst auf Eis zu legen. Zwar ist diese Aufforderung weder für die Kommission noch für die Mitgliedsstaaten bindend, aber es ist ein klares Signal der Europapolitiker: Ein Staat, der die Grund- und Menschenrechte nicht achtet und sich nicht klar zur Demokratie bekennt, ist in Europa fehl am Platze.
Gegner eines Abbruchs der Verhandlungen führen stets als Argument an, dass damit auch Einflussmöglichkeiten schwinden. Das darf aber nicht zum Generalargument werden. Präsident Erdogan führt das Land am Bosporus immer weiter in eine Präsidialdiktatur; Zehntausende sind weitgehend willkürlich verhaftet oder als Staatsbedienstete entlassen oder suspendiert worden. Von unabhängiger Justiz kann kaum noch die Rede sein. Einer solchen Entwicklung kann die EU, die sich auchals Wertegemeinschaft versteht, nicht tatenlos zusehen. Insofern ist alleine die Forderung nach einem Einfrieren der Beitrittsverhandlungen ein richtiger und vor allem überfälliger Schritt. Es bleibt nur zu befürchten, dass die Verantwortlichen in der Türkei sich erst beeindrucken lassen, wenn es um wirtschaftliche Restriktionen und deren Wirkung geht. Davon ist die EU aber noch weit entfernt.