Frank-Walter Steinmeier wird am 12. Februar 2017 der 12. Präsident der Bundesrepublik Deutschland. Nur ein politisches Wunder kann das noch verhindern. Zu groß ist die Mehrheit von CDU/CSU und SPD in der Bundesversammlung. Und Steinmeier ist eine gute Wahl. Das Volk mag den Politiker, die Parteien schätzen ihn als Staatsmann. Er ist Diplomat und lässt sich doch den Mund nicht verbieten. Den künftigen US-Präsidenten Donald Trump nannte er einen „Hassprediger“, die Aufrüstungspläne der Nato für Osteuropa bezeichnete er als „Säbelrasseln“. Solch klare Meinungsäußerungen eines Außenministers sind eher unüblich. Für das Amt des Bundespräsidenten ist ein klarer Kurs hingegen von Vorteil. Frank-Walter Steinmeier ist Vollblutpolitiker und lässt trotzdem immer wieder auch menschliche Wärme erkennen. Beim Volk dürfte ihm die Organspende an seine Frau Elke Büdenbender noch immer viel Sympathie einbringen.

Im Außenministerium hinterlässt Steinmeier eine schwer zu füllende Lücke. Der SPD-Politiker ist eine exzellenter Verhandler und gewiefter Taktiker. Er schielt nicht auf seinen schnellen Vorteil, den seiner Partei oder seines Landes. Steinmeier verliert nie das große Ganze aus dem Auge. Angesichtes des hässlichen Rechtsrucks in Teilen der Bevölkerung ist diese Tugend unverzichtbar für einen Bundespräsidenten Steinmeier, der ein zunehmend gespaltenes Volk wieder einen muss. Die große Lücke im Außenamt könnte der aufbrausende Sigmar Gabriel, wollte er denn dorthin wechseln, nicht füllen. Dann eher schon der EU-Politiker Martin Schulz, der ja auch noch ein Eisen beim Rennen um die Kanzlerkandidatur bei der SPD im Feuer hat. Schulz besitzt das nötige Verhandlungsgeschick, wird vom Wähler allerdings eher als trockener EU-Technokrat wahrgenommen.

Für SPD-Chef Sigmar Gabriel ist die erfolgreiche Kandidatur Steinmeiers ein großer persönlicher Erfolg. Da die Union sich bei der Suche nach einem geeigneten Kandidaten eine Absage nach der anderen einholte, konnte Gabriel den Kandidaten seiner Partei früh in der ersten Reihe positionieren. Dieses Vorpreschen überraschte die Union – einen eigenen, aber weniger beliebten Kandidaten durchzusetzen, wäre auch angesichts des wachsenden Zeitdrucks äußerst schwer geworden. Gabriel hat damit ein taktisches Meisterstück vorgelegt, das ihm letztlich sogar die Kanzlerkandidatur für seine Partei sichern dürfte. Käme es so, würde er seinem Konkurrenten Martin Schulz den Job des Außenministers gerne überlassen.

Für Angela Merkel ist die Unterstützung des Kandidaten Frank-Walter Steinmeier Fluch und Segen zugleich. In der Union wird es für großes Rumoren sorgen, dass man Steinmeier mangels eigener Vorschläge zustimmen musste. Schon zum zweiten Mal nach 2010, als die FDP die CDU hinter Joachim Gauck zwang, hat sich Merkel austricksen lassen. Der ewige Vorwurf, sie tue zu wenig für die eigene Partei, wird befeuert. Auf der anderen Seite ist die Zustimmung für Steinmeier ein Sieg für die Demokratie – und somit letztlich auch für die Kanzlerin. Dem Bürger bleibt ein unwürdiges Gezerre und Geschacher um das höchste Amt im Staat erspart. In Zeiten der großen Politikverdrossenheit vieler Bürger wurde gute Werbung für das Politikgeschäft gemacht, die der diesmal uneigennützigen Kanzlerin ganz nebenbei einige Sympathiepunkte extra einbringen dürfte.