Man kann Sepp Blatter, dem Präsidenten des Weltfußball-Verbandes Fifa, eine Menge Dinge vorwerfen. Nur eine Sache nicht: Dass er naiv sei. Der 79-Jährige hat seine Herrschaft im Fußball über Jahrzehnte mit allen nur denkbaren Strategien aufgebaut. Offensichtlich auch mit verbotenen.
Daher klingen seine Behauptungen, er habe von den kriminellen Energien rund um ihn herum nichts gewusst, wenig glaubwürdig. Er erweckt damit vielmehr den Eindruck, als wolle er die Welt zusätzlich zum Skandal noch für dumm verkaufen.
Doch diese Welt hat durch die öffentlich gewordenen Ermittlungen der Schweizer und der US-Behörden längst den begründeten Verdacht, dass Blatters Macht nicht auf demokratischen Wahlen, sondern auf Korruption beruht. Dennoch macht die Fifa auf ihrem Kongress in Zürich momentan noch weiter wie geplant. Obwohl sieben hochrangige Funktionäre festgenommen worden sind, soll die Wiederwahl des Präsidenten Blatters am Freitag erfolgen.
Perfide wird die Sache, weil den Fußball-Funktionären genau diese Dreistigkeit sogar zuzutrauen ist. Sie zeigen mit dem Finger auf ihre festgenommenen Kollegen, distanzieren sich, behaupten, dass nun alles endlich wieder gut wäre, und bestätigen ihren Chef lächelnd im Amt.
Das kann der Rest der Fußball-Welt nicht ernsthaft wollen. Das Profigeschäft steigt in Deutschland und ganz Europa gerade zu einem immer größer werdenden Wirtschafts-Faktor auf, die gesellschaftliche Bedeutung des Sports wird im Windschatten immer weiter überhöht. Fußball als Teil der ganzen Gesellschaft: Auf der unteren Ebene in der Bambini-Liga, auf der oberen Ebene als fernsehtaugliche Massen-Unterhaltung.
Dies alles darf nicht auf Lug und Trug gründen. Der Sport hat bereits beim Kampf gegen Doping traurig bewiesen, dass er ohne staatliche Hilfe verloren ist. Nun stellt sich heraus, dass es auch bei Fifa-Funktionären keine Selbstreinigung gibt. Der Schluss daraus kann nur lauten: Die Behörden müssen bis zum bitteren Ende ermitteln. Bis dahin muss die Fifa-Wahl ausgesetzt werden.