Im Sommer 2013, mitten im Wahlkampf, kam es für Angela Merkel nicht in Frage, die Fahne wieder einzuholen. Im Streit über die NSA-Affäre galt es, die USA beim Wort zu nehmen, den Druck hochzuhalten, einen No-Spy-Vertrag anzumahnen.
Politisch war es eine Frage der Schadensbegrenzung. Denn es gab viele unbequeme Alternativen. Wäre sie etwa zur Tagesordnung übergangen, hätte man es Merkel als Feigheit ausgelegt. Hätte sie die Wahrheit gesagt – Ausspähen unter Freunden, geht doch! – hätte sie ihre Hilflosigkeit protokolliert. Also gingen sie im Kanzleramt mit der Wahrheit taktisch um und beschworen einen Vertrag, von dem sie selbst wussten, dass er ein süßer Selbstbetrug war, eine Fata Morgana.
Das hat ein Gschmäckle, schadet Merkels Glaubwürdigkeit. Keine Frage. Aber wer im politischen Geschäft will den ersten Stein werfen? Wer verkündet im Wahlkampf keine geschönten Wahrheiten?