Das Primat der Politik über die Finanzmärkte riefen sie aus, als 2009 die Krise über Europa hereinbrach. Die Regierungen mussten Banken retten und Schutzschirme aufspannen, um zusammenzuhalten, was von den Euro-Vätern allzu sorglos zusammengeschustert worden war – die Währungsunion. Sechs Jahre später hat die Politik ihr Primat an die Europäische Zentralbank abgegeben. Mit dem Entschluss, für Abermilliarden Schuldscheine der Staaten aufzukaufen, hat die EZB endgültig das Zepter übernommen. Sie begreift sich als letzte handlungsfähige Kraft, die der Krise Herr werden kann.
Ob ihr das gelingt, lässt sich trefflich bezweifeln, dass die Vergemeinschaftung der Staatsschulden das größte Tabu der Gemeinschaftswährung bricht, beklagen. Doch verdeckt jede noch so berechtigte Kritik an der EZB, dass es nur so weit kommen konnte, weil die Politik mit der Wirtschafts-, und Schuldenkrise so heillos überfordert ist.
Der Geburtsfehler des Euro lähmt die Politik bis heute. Seine Väter, allen voran Helmut Kohl, haben alle Warnungen weggewischt, Länder in die Währungsunion zu holen, die dafür nicht reif waren. Das kann funktionieren, wenn darüber eine echte politische Union wacht wie in den USA. Die Staaten in Europa teilen sich die Währung, verbitten sich aber jede Einmischung in die nationale Wirtschaftspolitik. Es reihte sich Fehler an Fehler: Ausgerechnet die rot-grüne Regierung Schröder gab den Südeuropäern ein Vorbild zum Schuldenmachen, indem sie selbst den Stabilitätspakt brach. Also schnappte die Schuldenfalle zu.
Dass Europas Wirtschaft anno 2015 noch immer nicht in Gang kommt, ist ebenfalls kein Versäumnis der EZB, sie hat ihren Leitzins bereits abgeschafft und damit das Geld so billig gemacht wie es nur geht. Mehr als das hätte es beherztere Reformen im Süden und dafür mehr Unterstützung aus dem Norden gebraucht. Doch die Hilfe auch aus Deutschland, etwa im Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit, blieb halbherzig. Dass nun die EZB über Europa regiert, darf beklagen, wer mag – nur bitte nicht jene Politiker, die es dazu kommen ließen.