Für 60 Milliarden Euro im Monat kaufen die Euro-Notenbanken Staatsanleihen. Draghis Geld-Doping soll Wachstum ermöglichen und Deflation verhindern.
In der Debatte um Mario Draghis Shopping-Tour auf den Anleihemärkten stehen zwei Fragen im Mittelpunkt: Darf der das? Und: Bringt es was? Im deutschen Finanz-Establishment lautet die Antwort in beiden Punkten überwiegend: Nein.
Die Kritik gilt indes mehr dem Schutz des eigenen Wohlstands vor Ansteckung als der Sorge um das kränkelnde Gesamtsystem.
Die Gegner werfen der EZB unzulässige Staatsfinanzierung vor, Draghi beharrt darauf, die Maßnahme bleibe im Rahmen des Auftrags. Eine verbindliche Entscheidung wird der Europäische Gerichtshof liefern. Dabei geht es aber nur mehr darum, ob die im Zuge des Krisenmanagements der vergangenen Jahre ständig vorgenommene Dehnung der Rechtsgrundlagen an diesem Punkt zur unzulässigen Über-Dehnung geworden ist.
Politisch ist längst klar: Was einst versprochen und in Gesetzestext gegossen wurde, hat der Realität nicht standgehalten. Fragt sich nur, welche Konsequenzen man daraus zieht.
Wachstum ermöglichen und Deflation verhindern
Draghis Geld-Doping soll Wachstum ermöglichen und Deflation verhindern. Dabei liegt die Kern-Inflation – ohne Energie und Lebensmittel – derzeit bei 0,7 Prozent, also noch auf Abstand zur Null-Linie. Doch Deflation ist wie Giftgas - wenn sie definitiv vorliegt, ist es zu spät. Man bekämpft folglich nicht Deflation, sondern Deflationsgefahr.
Ob dieser mit der Waffe der Geldvermehrung wachstumswirksam vorzubeugen ist, hängt davon ab, wohin das Geld fließt – Investitionen? Immobilien? Aktien? Anlagen außerhalb der EU? Potenzielle Nebenwirkungen sind unübersehbar. Das Haftungsrisiko steigt, die Reformunlust in Italien, Frankreich und anderen Sorgenländern womöglich auch.
Doch Draghi ist nicht ohne Not aktiv geworden. Es ist die Not vieler Partner, die an der Vorgabe scheitern, gleichzeitig zu sparen und die Wirtschaft in Schwung zu bringen.