Oberhausen/Bergen-Belsen. . Emanuel Feldhoff vom Oberhausener Freiherr-vom-Stein-Gymnasium war im ehemaligen Konzentrationslager Bergen-Belsen. Er hat einen Einblick in die entsetzlichen Lebensbedingungen der Gefangenen erlangt.
An einem trüben Sonntagmorgen im November machte ich mich mit meiner Familie auf den Weg in das über 300 Kilometer entfernte ehemalige Konzentrationslager Bergen-Belsen in Niedersachsen. Uns war klar, dass sich dieser Sonntagsausflug von den üblichen Familienausflügen stark unterscheiden würde. Mit gemischten Gefühlen fuhren wir los.
Durch meine Eltern und die Schule wusste ich von den grausamen Gewalttaten der Nationalsozialisten. Doch die Stätte selbst zu erleben, machte mich neugierig und unsicher zugleich.
Zu Beginn der Ausstellung sahen wir Filmausschnitte. Sie sollten uns Besucher auf das Kommende vorbereiten. Überlebende berichteten von ihrer Zeit in Bergen-Belsen. Schon hier konnte ich mir eine vage Vorstellung machen, wie entsetzlich die Zustände gewesen sein müssen.
Das Lager wurde zu Beginn des Krieges als Gefangenenlager genutzt. Bis zum Herbst 1941 wurden mehr als 21 000 Gefangene aus der Sowjetunion dort gefangen gehalten. Sie litten entsetzlich, es gab Hungersnöte, Krankheiten und keinen Schutz vor der Kälte. Die Männer mussten Erdhöhlen graben, um nicht zu erfrieren. Seuchen brachen aus, viele starben.
Geiseln sind nur lebendig wertvoll
Ab 1943 nutzten die Nazis Bergen-Belsen dann auch als Konzentrationslager. Zu Beginn schafften die Nazis Juden in das Lager, die gegen deutsche Kriegsgefangene im Ausland getauscht werden sollten. Aus diesem Grund waren die Lebensbedingungen anfangs deutlich besser als in anderen Lagern. Denn die Geiseln waren nur lebendig wertvoll.
Die Häftlinge durften auch persönliche Sachen wie Bücher, Papier und Stifte mitnehmen. Die Hoffnung auf Austausch und Freilassung erfüllte sich allerdings nur für 2560 jüdische Häftlinge.
Ende März 1944 kamen dann kranke, „nicht mehr arbeitsfähige“ Männer nach Bergen-Belsen. Angeblich, um „gesund gepflegt zu werden“. Das stimmte natürlich nicht, eine medizinische Versorgung im Lager war kaum vorhanden.
Lebensbedingungen wurden immer schrecklicher
Im August 1944 wurde ein weiterer Lagerabschnitt für weibliche Häftlinge eingerichtet. Viele Frauen wurden zur Zwangsarbeit in andere Lager gebracht, andere blieben mit ihren Kindern in Bergen-Belsen, wo sie den immer schrecklicheren Lebensbedingungen ausgesetzt waren.
Immer mehr Häftlinge wurden in das Lager deportiert, es war katastrophal überfüllt. Typhus und Fleckfieber brachen aus, Tausende starben. Da die Kapazität des Krematoriums nicht mehr ausreichte, lagen die Leichen auf dem Gelände und in den Baracken.
Im April 1945 brach die Versorgung mit Lebensmitteln und Trinkwasser völlig zusammen. Allein zwischen Januar und Mitte April 1945 starben mindestens 35 000 Menschen.
Das bekannteste Opfer aus dem Konzentrationslager Bergen-Belsen ist Anne Frank. Durch ihr Tagebuch wurde ihr Leben nach ihrem Tod für alle zugänglich.
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Frauen sitzen zwischen den Toten
Gegen Ende der Ausstellung in der heutigen Gedenkstätte sahen sich meine Eltern und ich Filmdokumentationen an. Sie zeigten das Lager wenige Tage nach der Befreiung: Berge von Leichen wurden mit Baggern in Massengräbern verscharrt. Frauen sitzen zwischen den Toten, regungslos und apathisch.
Wieder an der frischen Luft atmeten wir tief durch. Auch das Außengelände der Gedenkstätte kann besichtig werden. Erschreckend waren die riesigen Massengräber. Meine Familie stand nur einen Meter von einem Grab entfernt, in dem rund 2500 Tote lagen. Bei den Fotografien konnte ich noch einen gewissen Abstand aufbauen, aber dies war vor dem Grab nicht mehr möglich. Der Wahn der Nazis wurde mir hier besonders deutlich, die riesige Anzahl der Toten ist für mich kaum fassbar.