Kirchhundem. . Vera Swalski arbeitet als Krankenschwester, einem Beruf, in dem es in naher Zukunft wohl an qualifiziertem Fachpersonal mangeln wird. Im Interview mit Zeus-Reporterin Svenja erzählt sie von ihrem Alltag und warum Teamarbeit auch unter Krankenschwestern enorm wichtig ist.
Spätestens im Jahr 2030 erwartet uns voraussichtlich ein Pflegenotstand. Das heißt, es gibt zu viele alte Menschen und zu wenig qualifiziertes Pflegepersonal, um eine kompetente Betreuung gewährleisten zu können. Das hört man immer häufiger in den Medien. Anlässlich dieses Problems, welches auf uns zu kommt, habe ich Vera Swalski, eine Krankenschwester, zu ihrem Beruf und Arbeitsfeld befragt.
Warum haben Sie diesen Beruf gewählt?
Das hat mehrere Gründe: Man arbeitet mit Menschen zusammen und hat ein hohes Maß an Verantwortung. Man kann sich weiterbilden und spezialisieren und es ist abwechslungsreich. Jeden Tag gibt es neue Herausforderungen.
Wie lange dauert die Ausbildung? Wie kann man sich spezialisieren in diesem Beruf, beziehungsweise weiterbilden?
Die Ausbildung dauert drei Jahre. Es gibt Blockunterricht, das heißt, man hat eine Theoriephase (Schulphase) und dann wieder einen Praxiseinsatz auf verschiedenen Stationen und man lernt verschiedene Fachbereiche kennen. Nach dem Staatsexamen zur Gesundheits- und Krankenpflegerin (so ist die offizielle Bezeichnung) ist es möglich, in der mobilen Pflege zu arbeiten, aber auch im Altenheim oder Krankenhaus. In jedem dieser Bereiche gibt es dann verschiedene Möglichkeiten, sich weiterzubilden. Man kann zum Beispiel im palliativen Bereich, als Wundmanagerin, als Praxisanleiterin, Stomaberaterin, im OP oder im Intensiv-Anästhesie-Pflegebereich arbeiten. Es ist natürlich auch möglich, sich als Stationsleitung, Kinaesthetics-Trainerin oder ähnliches weiterbilden zu lassen. Ich selbst habe nach meinem Examen in verschiedenen Bereichen gearbeitet, bis ich schließlich auf meinen endgültigen Arbeitsplatz kam. Hier finden sich verschiede Fachbereiche: von Gynäkologie über Geburtshilfe, Säuglingspflege, HNO und Urologie. Das bedeutet viel Abwechslung und jeden Tag neue Herausforderungen. Dann habe ich eine Ausbildung zur Praxisanleiterin absolviert und begleite Auszubildende in ihrem Praxiseinsatz auf unserer Station oder ich begleite praktische Prüfungen oder Staatsexamen. Zusätzlich habe ich mich zu einer Ausbildung als Kinaesthetics-Trainerin entschieden. Kinaesthetics beschäftigt sich mit Bewegungswahrnehmung und hilft, grob gesagt, die Ressourcen einer Person zu erkennen und diese zur Eigenbewegung zu nutzen. Es fördert die eigene Gesunderhaltung und geht weg vom „Heben der Menschen hin zum Bewegen“, denn wie Stefan Knobel sagt: „Bewegungskompetenz schafft Lebensqualität.“
Ist die Arbeit auf der Station stressig?
Da wir viele OP’s haben und die Geburten oft nicht planbar sind, ist es oft so, dass man ein paar Arme mehr bräuchte. Aber alles in allem sind wir ein super eingespieltes Team und arbeiten Hand in Hand. Sogar berufsübergreifend. So arbeiten auch Hebammen mit uns zusammen, um eine ganzheitliche Betreuung unserer Patienten zu gewährleisten. Es kommt allerdings auch vor, dass Kolleginnen krank werden oder ähnliches. Dann ist aber jeder Mitarbeiter unserer Station - sofern dies möglich ist – bereit, einzuspringen und für den jeweiligen Kollegen zu arbeiten. Das heißt, wir sind sehr bemüht, immer für den anderen da zu sein und eine mögliche Unterbesetzung zu vermeiden. Das führt natürlich zu Überstunden und zu weniger Erholungsphasen und ist dementsprechend eine Belastung für alle anderen.
Ist es schwer, mit den verschiedenen Medikamenten umzugehen?
Es erfordert schon eine hohe Kompetenz mit Medikamenten umzugehen. Allein die Lagerung und äußeren Bedingungen einzuhalten ist von Medikament zu Medikament anders. Manche werden in einem extra Mediakmentenkühlschrank gelagert, in einem Eisfach oder der einfachen Kühlung. Wieder andere bei Zimmertemperatur oder sie sind in einem extra Betäubungsmittelschrank unter Verschluss. Es gibt auf allen Stationen mindestens zwei Schwestern, die sich speziell mit der Lagerung und Pflege der Medikamente beschäftigen. Sie sind die Arzneimittelbeauftragten und immer Ansprechpartner, wenn etwas unklar ist oder wenn eine Kontrolle der Medikamente durch die Apotheke erfolgt.
Was ist das besondere auf dieser Station?
Wir arbeiten mit verschiedenen Fachrichtungen und Berufsgruppen zusammen (Gynäkologen, Kinderärzten, Urologen, HNO-Arzt, Kinderkrankenschwestern, Krankenschwestern, Hebammen, Krankengymnasten, Kinaesthetics-Trainer). Wir fördern besonders die Beziehung zwischen Mutter und Kind durch die Möglichkeit des Rooming-in, das heißt, die Mutter kann das Kind 24 Stunden bei sich im Zimmer haben und selbst versorgen, es wickeln, sich aber trotzdem bei Fragen an uns oder die Ärzte beziehungsweise Hebammen wenden. Die Kinder werden durch Einflüsse aus Kinaesthetics früh in ihrer Bewegungsendwicklung gefördert, bereits beim Wickeln und aus dem Bettchen nehmen. Das wirkt sich positiv auf das Wohlbefinden des Kindes aus und zeigt unter anderem einen enormen Rückgang der drei Monatskoliken und bei Blähungen. Es fördert einen entspannten und ruhigen Schlaf für Mutter und Kind. Durch ständige Fort- und Weiterbildungen sind wir immer auf dem neusten Stand in unserer Pflege und Versorgung.
Wie sind ihre Arbeitszeiten?
Wir arbeiten im Schichtsystem das heißt von 6 bis 13.30 Uhr, 13 bis 20.30 Uhr, 14.30 bis 22 Uhr und 20.15 bis 6 Uhr. Als 100-Prozent-Kraft arbeite ich jedes zweite Wochenende, so wie an diversen Feiertagen. Dafür bekomme ich in der Regel einen Tag in der Woche frei, sofern dies möglich ist.
Wenn sie drei Dinge an ihrem Beruf oder an ihrem Arbeitsplatz ändern könnten, was wäre das?
Erstens die Bezahlung. Zweitens mehr Fachpersonal, also mehr Gesundheits- und Krankenpfleger auf den Stationen. Und drittens die Renovierung des Arbeitsplatzes.
Svenja Schulte, Klasse 8b, Gemeinschafts-Hauptschule Kirchhundem