Gevelsberg. Computerspiele haben seit vielen Jahren ein schlechtes Image. Kritiker behaupten, Computerspieler wären aggresiver und nicht so clever wie ihre Mitmenschen. Zeus-Reporter Ilker Fachri-Oglou hat mit einem Dauerspieler gesprochen. Der sieht auch die Vorteile von Computerspielen.

Jeden Tag das selbe Spiel: Wenn der 18-jährige Sebastian* aus der Schule kommt, wirft er seine Tasche zur Seite und macht sofort den PC an. In der Schule wird er oft als „Suchti“ oder „Nerd“ beschimpft. Außerdem halten ihn die meisten Leute für dumm, da er den ganzen Tag vor dem Computer mit Videospielen verbringt. Doch Sebastian wehrt sich gegen solche Vorurteile: „Durch das ganze Spielen bin ich zum Beispiel in Englisch besser geworden, da ich bei den Videospielen mit anderen Leuten in Englisch chatte!“, sagt der Jugendliche.

Die Situation ist komplex

Computerspiele haben keinen guten Ruf. Es wird gesagt, dass die Spiele die Jugendlichen dumm, aggressiv, oder gar zu Amokläufern machen würden. Doch meist ist die Situation komplexer. Auch psychische Krankheiten, die Persönlichkeitsstruktur der Spieler oder ihre Erfahrungen im realen Leben entscheiden darüber, ob die Jugendlichen von den Spielen negativ beeinflusst werden.

Realität und Spiel verschwimmen

In jedem Fall ist Vorsicht geboten: Denn Kinder können Realität und Spiel noch nicht so gut voneinander unterscheiden und werden schnell wütend, wenn sie verlieren. Eltern sollten deshalb kontrollieren, was ihre jungen Kinder spielen. Denn bei weitem nicht jedes Spiel ist für kleine Kinder auch geeignet.

Die Suchtgefahr ist jedoch nicht nur bei jungen Kindern ein Problem. Auch Jugendliche können durch Computer - und Videospiele süchtig werden. Zu langes Spielen bewirkt, dass man ständig nur noch an das Spiel denkt, selbst nachdem die Konsole oder der PC aus sind. Dadurch will man so schnell wie möglich wieder spielen. Und man nutzt jede Möglichkeit, dies auch zu tun.

„Meine Eltern haben mich solange spielen lassen, wie ich wollte“, sagt Sebastian. „Ich war in der Schule gut und hatte auch sonst keine negativen Angewohnheiten. Deswegen sind sie nie eingeschritten.“

Sebastian ist zwar nicht aggressiv, aber sein soziales Leben ist durch das Spielen stark eingeschränkt. Gegenüber anderen Menschen ist er nicht aufgeschlossen und hat Probleme bei Alltagsaufgaben. „Wenn ich in die Stadt muss, um mir Hefte oder ähnliches zu kaufen, mache ich mir sehr lange Gedanken welchen Weg ich gehen kann, ohne viele Bekannte zu treffen“, erläutert er.

Spiele können auch hilfreich sein

Videospiele können aber auch einzelne Funktionen des Körpers fördern und dadurch verbessern. Die Hand-Augen-Koordination ist bei Jugendlichen, die Videospiele spielen, meistens sehr viel besser als bei Nicht-Spielern. Und wie ein Test der Fernsehsendung „Welt der Wunder“ vor einigen Jahren zeigte, konnten die Spieler in einem Intelligenztest sogar mit Studenten mithalten und waren in einem schriftlichen Test gleich gut.

Sebastian sieht selber ein, dass er süchtig ist. „Es ist mir schon bewusst, dass das hier eine Sucht ist. Allerdings ist dies keine Sucht, bei der ich andere oder mich schädige, deshalb versuche ich auch nicht, etwas dagegen zu unternehmen“, sagt er. „Solange es mir Spaß macht, ist alles in Ordnung.“

Vor rund fünf Jahren war Sebastian wegen seiner Sucht nach Videospielen in ärztlicher Behandlung. Der Arzt sagte ihm bleibende Schäden voraus, wenn er so weitermache. Heute macht Sebastian sein Abitur. Wenn er nach Hause kommt, wirft er noch immer die Tasche in die Ecke. Dann beginnt eine neue Runde des Spielens.

*Name von der Redaktion geändert