Ennepetal. . Wie und warum kommt es zu einer Trennung unter Eltern? Was bedeutet das für deren Kinder?Die Zeus-ReporterinnenCarolin Pscheidt und Enya Diedrich haben sich umgehört.

Die meisten Märchen und Liebesfilme enden bei der Hochzeit, bei der alle glücklich sind. Im wahren Leben geht’s hier erst richtig los…

Immer mehr Ehen scheitern – zum Leidwesen nicht nur der Ehepartner, sondern vor allem auch der Kinder. Wie fühlen sich die Jugendlichen nach der Trennung der Eltern? Ich habe dazu mehrere betroffene und nicht betroffene Jugendliche befragt. Ein paar Episoden, die von vielen Befragten wiederhol genannt wurden, sind hier beschrieben.

Bei der Entscheidung der Eltern, sich zu trennen, scheint ihnen wohl die Meinung von uns Kindern relativ egal zu sein. Denn sonst hätten sie uns doch auch mitreden lassen, oder nicht? Das fragen sich offenbar viele Betroffene, nachdem der beliebte Satz kommt: „Kind, wir müssen reden!“ Was die Jugendlichen und Kinder in dieser Minute mitmachen, kann sich keiner vorstellen, der es nicht selbst erlebt hat.

„In der Situation leben die Kinder und Jugendlichen wohl mehrere Phasen durch“, berichtet mir jemand. Als erstes kommt doch erst mal das Gefühl, im falschen Film zu sein. Dann die Wut auf die Eltern, in der man nichts mehr versteht. Danach folgt vielleicht die Hilflosigkeit und die Frage: Zu wem soll ich gehen, ich liebe doch beide?! Viele erleben auch eine Phase, in der ihnen alles egal ist. „Warum muss ich mich entscheiden?“, heißt es dann.

Hat Familie noch Zukunft?

Als selbst betroffenes Trennungskind habe ich mir schon oft die Frage gestellt: Hat Familie noch Zukunft? Für Zeus wollte ich es genauer wissen und habe eine Umfrage unter Kindern durchgeführt. Mit Fragebögen, via Facebook und im persönlichen Gespräch. Angesprochen wurden betroffene und nicht betroffene Kinder im Alter von 12 bis 14 Jahren. Ein erstes Ergebnis: Viele von ihnen Leben in getrennten Familien. Was bedeutet ihnen Treue und Verantwortung im Leben?

Die Menge der einzelnen Geschichten und Lebensläufe war umfangreich und spannend zugleich. Auf die Frage über die jetzige Zufriedenheit, antworteten fast alle Kinder positiv. Betroffene Kinder haben sich allerdings mit der getrennten Situation eher nur arrangiert. So kamen von meherern Kindern Antworten wie: „Ich kann ja so wie so nichts daran ändern!“

Die meisten nicht betroffenen Kinder können sich ein getrenntes Familienleben nur schwer vorstellen. Bei der Frage nach der Treue antworteten die betroffenen Kinder jedoch sehr negativ, denn das Bild von der ewig treuen Ehe wurde den Kindern kaputt gemacht. Und so sind im Umfeld mancher Kinder glückliche und funktionierende Familien die absolute Ausnahme.

Eine Antwort hat besonders geschockt. „Wenn der Vater trinkt und dann sehr böse wird, wünschst du dir eine Trennung, um endlich Ruhe zu haben.“

Wie sehr sich ein Kind wünscht, seine „alte“ Familie wieder zu haben, hing sehr vom Trennungsalter der Befragten ab und wie weit diese Kinder überhaupt eine Erinnerung an dieses Familienleben haben. Entscheidende Fragen bei vielen Trennungskindern waren: „Warum muss gerade meine Familie auseinander gehen?“ „Warum hat sich mein Vater oder meine Mutter für ein anderes Leben entschieden?“ „Ist die Familie nicht wichtiger?“

Eines jedoch kam in der Befragung ganz klar zum Ausdruck: Die jetzt 12- bis 14-jährigen Kinder wünschen sich für ihre Zukunft trotzdem eine Familie.

Enya Diedrich


Klasse 8b


Reichenbach-Gymnasium

Ennepetal

Auf einmal muss man Eltern bewerten, wie man sie vorher nie bewertet hätte – und zwar nach ihren „Vorteilen“. Wer hat mehr Geld? Wer hat weniger Zeit, damit ich machen kann, was ich will? Bei wem springt mehr für mich raus und wer hat weniger zu meckern?

Wenn die Eltern denken, es sei alles zwischen ihnen geklärt, gehört es in vielen Fällen dazu, den Kindern nun ihre neuen Partner vorzustellen. Wenn die Jugendlichen die neuen Lebenspartner des Elternteils jedoch nicht als neues Familienmitglied akzeptieren wollen, überlegen sich manche gar Mittel und Wege, diese schnellstmöglich wieder loszuwerden.

Die meisten Jugendlichen leben nach der Trennung ihrer Eltern in „zwei Welten“. Eine gibt’s bei der Mutter, die andere beim Vater.

So sind viele Betroffene mit dem Kopf woanders, haben auch Schwierigkeiten, in der Schule aufzupassen und immer alle Schulsachen dabei zu haben. Am Wochenende bei dem Vater Hausaufgaben machen und in der Woche bei der Mutter, so geht es vielen Jugendlichen in dieser Zeit. Die Lehrer bestätigen mir diese Situation.

Bei der Befragung hat mich am meisten überrascht, dass sich viele Jugendliche mitschuldig an der Trennung der Eltern fühlen. Fast alle wünschen sich ihre „alte“ Familie zurück. Schon zu Beginn der Recherche fragte ich mich immer wieder nach dem „Warum“ dieser Trennungsgeschichten.

Als Kind wird uns doch immer beigebracht, den anderen Menschen Achtung, Respekt, Wertschätzung und Geduld entgegenzubringen. Warum tun die Erwachsenen das nicht untereinander? Warum verlässt ein Elternteil die Familie einfach, wenn es gerade mal nicht so läuft? Die Eltern waren doch auch irgendwann mal verliebt, haben meistens auch aus Liebe geheiratet und uns gezeugt.

Mehr Scheidungen – aber sie lassen länger auf sich warten

• 377 816 Eheschließungen und 187 640 Scheidungen (0,3 Prozent mehr als 2010) gab es 2011 in Deutschland.

• Insgesamt waren 2011 rund 148 200 Minderjährige von der Scheidung ihrer Eltern betroffen, 2,1 Prozent mehr als im Vorjahr.

• Paare scheiden sich im Schnitt nach 14 Jahren und sechs Monaten. 1992 waren es noch elf Jahre und sechs Monate gewesen.

Es heißt so oft, dass Eltern sich „auseinander“ gelebt haben. Alles schön und gut. Haben sie denn etwa vergessen, dass da einmal Liebe war? Kann jemanden denn die Liebe auf einmal abhandenkommen, so wie zum Beispiel ein Handy oder ein Regenschirm? Haben sie denn vergessen, warum sie sich einmal ineinander verliebt haben und was sie aneinander einmal so toll fanden?

Kleine Kindergartenkinder, die Märchen vorgelesen bekommen, träumen noch von der großen, ewigen Liebe und vom Weihnachtsmann. Unser Weihnachtsmann wurde immer von meinem Onkel gespielt. Aber der hat sich auch schon vor etwa einem Jahr getrennt.

Carolin Pscheidt
Klasse 8b

Reichenbach-Gymnasium

Ennepetal