Lünen. . Wenn Kinder und Jugendliche von den eigenen Eltern vernachlässigt oder schlecht behandelt werden, kommen sie oft vorrübergehend in eine Pflegefamilie. Eine Pflegemutter aus Lünen erzählt, wie der Alltag mit diese Kindern ist.

Das Baby schreit und Anja Friese (Name von der Redaktion geändert) wird wach – eigentlich etwas ganz normales, aber es ist nicht ihr eigenes Kind, sondern ein Pflegekind.

Anja und ihre Familie nehmen Kinder und Jugendliche auf und versorgen sie. Das Jugendamt nimmt Kinder aus problematischen Familien heraus, bis Gericht und Gutachter sich über das weitere Vorgehen geeinigt haben. Das kann von einem Tag bis zu mehreren Monaten dauern.

Vom Kleinkind bis zum Teenager

Dabei ist das Alter der Kinder unterschiedlich. Das Sorgerecht für ihre Kinder kann den Eltern direkt nach der Geburt vom Jugendamt entzogen werden. Manche werden aber auch erst im Alter von bis zu 17 Jahren aus den Familien geholt. Sobald sie über 18 Jahre alt sind, sind sie für sich selbst zuständig. Meistens wird ihnen aber noch geholfen, indem man ihnen Plätze in einer Wohngemeinschaft anbietet oder einen Ausbildungsplatz verschafft.

„Die Kinder kommen nie ohne Vorgeschichte hier an, häufig wurden sie geschlagen, vernachlässigt, ignoriert, sexuell missbraucht, bekamen nichts zu essen oder alles gleichzeitig.

Eltern sind oft überfordert

Das wird meist durch die Überforderung der Eltern hervorgerufen“, erzählt die Pflegemutter. „Es ist mir seit Jahren ein Rätsel, wie man kleine, unschuldige Kinder so behandeln kann. Das alles geht nie an uns vorbei, ohne Spuren bei mir und meine Familie zu hinterlassen“, erzählt Anja Friese.

Außerdem berichtet die Pflegemutter, dass es circa 60 Pflegefamilien und 15 Bereitschaftsfamilien in Lünen und Umgebung gibt, die alltäglich mit den Problemen dieser Kinder konfrontiert werden. „Mit den Jahren ist das Bereitschaftszimmer so eingerichtet worden, dass wir vom Säugling bis zum Jugendlichen alle Altersgruppen aufnehmen können.“

Die Kinder, die das Jugendamt aus den Familien holt, sind meist unterernährt und wurden oft wenig gewaschen. Trotzdem lieben manche Eltern ihre Kinder und halten ihr Vorgehen für richtig. Deswegen verstehen sie nicht immer, wieso ihnen das Sorgerecht für ihre Kinder entzogen wird.

Kinder brauchen ein Bad und Essen

Das ändert nichts daran, dass solche Kinder ungepflegt und unterernährt zu Familie Friese kommen. „Wenn die Kinder zu uns kommen, brauchen sie meist erst mal eine Badewanne, einen gedeckten Tisch, viel Liebe und Ruhe. Wenn sie dann wieder gehen, hat man sie liebgewonnen und wünscht ihnen eine bessere Zukunft“, so Anja Friese. Im Zimmer ist es still, denn das Kind ist weg. Familie Friese hat jetzt erst einmal eine gewisse Zeit lang Ruhe, doch das nächste Kind wird folgen.

Fabian Rhein und Lukas Raabe, Klasse 8a, Gymnasium Lünen-Altlünen