Herne. .

Das Borderline-Syndrom. Fast jeder hat diesen Begriff schon einmal in irgendeinem Zusammenhang gehört, doch was steckt dahinter? Drei Zeus-Reporterinnen haben einen Psychologen interviewt.

Bis zu zwei Prozent der Bevölkerung leiden an dem Borderline-Syndrom. Das ist nicht gerade viel, es sollen aber mehr sein als die Zahl der Schizophrenie-Erkrankten. Dabei ist die Schizophrenie als Krankheit viel bekannter als das Borderline-Syndrom. Aus diesem Grund wollen wir einmal mit Hilfe des Diplompsychologen Rainer Möhle über das Syndrom aufklären.

Was ist das Borderline-Syndrom überhaupt?

„In dem „ICD 10“, dem allgemeinen Diagnoseschlüssel, läuft die Borderline-Störung unter Persönlichkeitsstörung. Die Betroffenen haben große Probleme im gefühlsmäßigen und zwischenmenschlichen Bereich. Das heißt, normale Beziehungen zu anderen Menschen sind praktisch unmöglich. Außerdem legen Erkrankte eine ziemlich starke Tendenz zur Selbstverletzung an den Tag.“

Das Borderline-Syndrom ist sehr schwer zu diagnostizieren. Aber was sind die ersten Anzeichen des Syndroms, woran erkennt man es?

„Man kann das Syndrom nicht sehen oder anfassen und auch nicht messen. Die Betroffenen gehen sehr schnell intensive Beziehungen ein, um diese dann schnell wieder abzubrechen oder ihrem Partner so lange das Leben schwer zu machen, bis er die Beziehung abbricht. Darunter leiden sowohl die Betroffenen als auch die Angehörigen sehr stark. An diesem Punkt kommen die Erkrankten meistens zur Therapie, wo dann das Borderline-Syndrom diagnostiziert wird.“

Wie kann man die Störung therapieren?

„Das ist ausgesprochen schwierig. Das Borderline-Syndrom ist eine sehr tief sitzende Störung, die meistens verheerende Ursachen in der frühen Kindheit hat. Therapien sind auch deshalb sehr schwierig, weil dort eine zwischenmenschliche Beziehung zwischen Therapeut und Betroffenem aufgebaut wird und der Erkrankte die Therapie dann auch oft abbricht. Man kann versuchen, die frühen Ereignisse, die das Syndrom verursachten, aufzudecken und dann stückchenweise dagegen anzugehen.“

Welche Hilfestellungen im täglichen Leben braucht jemand, der unter dem Syndrom leidet?

„Im täglichen Leben brauchen die Betroffenen gar keine Hilfestellungen. Sie sind oft sehr intelligente und charmante Leute, deren einziges Problem ist, dass sie sich selbst nicht leiden können und von daher sehr instabil sind. Sie kommen emotional sehr schnell aus dem Takt. Deswegen läuft das Syndrom auch unter der Bezeichnung emotional instabile Persönlichkeitsstörung. Aber zurück zu der Frage: Sie brauchen keine Hilfestellungen im täglichen Leben.“

Woher kommt der Name Borderline-Syndrom eigentlich?

„Borderline bedeutet „die Grenze“. In diesem Fall ist die Grenze zwischen neurotischem und psychotischem Verhalten gemeint. Neurotisch meint das noch einigermaßen normale, nachvollziehbare Angstverhalten, wie zum Beispiel Phobien. Psychotisch meint das wirklich Verrückte. Wie zum Beispiel der Gedanke, dass sich alle Menschen gegen einen selbst verschworen haben. Und das Borderline-Syndrom kann man nicht genau zuordnen, es ist weder nachvollziehbar noch total verrückt.“

Auf Nachfrage nach den Ursachen des Borderline-Syndroms erklärte Rainer Möhle, dass das Syndrom häufig durch den Verlust von Vater und Mutter oder durch die Trennung der Eltern in der frühen Kindheit verursacht wird. Häufig werden die Kinder in ein Heim gebracht oder in der Verwandtschaft herumgereicht, sodass sie keine stabilen Beziehungen für längere Zeit aufbauen können. Dadurch entsteht dann das bleibende Gefühl: „Keiner will mich, keiner liebt mich, ich bin nichts wert.“

Wir sehen also: Das Borderline-Syndrom sollte man nicht unterschätzen oder auf die leichte Schulter nehmen. Für die Angehörigen eines Betroffenen ist das Leben miteinander äußerst schwierig. Emotionale Unterstützung, auch durch eine entsprechende Therapie, ist sehr wichtig und der beste Weg, einem Borderliner durch das Leben zu helfen.

Leia Camus, Antonia Anstatt und Miriam Rupprecht, Klasse 8a, Haranni-Gymnasium, Herne