Bochum. .
Ohne Bürgerkriegs-Erfahrung, gestorbenes Familienmitglied oder Knast-Vergangenheit wird das heutzutage nichts mehr mit Castingshows. Talent oder Blamage? Das ist hier die Frage. Unsere Zeus-Reporter Robert und Benjamin vertreten da eine eindeutige Meinung.
Als der junge Mann auf die Bühne kommt, denkt man zuerst, Michael Jackson wäre auferstanden. Doch sobald er anfängt zu performen, buhen schon nach wenigen Sekunden die ersten Zuschauer und die Jurymitglieder verziehen das Gesicht. Denkt der Mann, dass er ein Talent ist – oder möchte er einfach nur ins Fernsehen?
Fernsehauftritte dieser Güte sieht man in der heutigen Zeit immer öfter in Castingshows, wie DSDS (Deutschland sucht den Superstar) oder GNTM (Germany’s next Topmodel). Was bewegt die Kandidaten sich so zu präsentieren? Lockt sie der mögliche, wenn auch im Einzelfall unwahrscheinliche Erfolg, der von Veranstaltern und Medien versprochen wird? Ist es schlicht ein neues Gesellschaftsphänomen?
Belustigung des Publikums
Kandidaten glauben an ihr Talent und zeigen „außergewöhnliche“ Fähigkeiten, wie vollkommen unästhetische Bauchrollen. Andere hoffen als nächste Heidi Klum gefeiert zu werden. Alle werden als „Talent“ in einer Vorauswahl gecastet.
Die Jury weiß, was sie erwartet. Minderbegabte Kandidaten werden meiner Meinung nach bewusst ausgewählt. Warum? Vielleicht zur Belustigung des Publikums oder weil Talent eben nicht so oft vorkommt, dass man mit wirklichen Talenten mehrere mehrstündige Shows füllen könnte. Und das ist Pflicht.
Ist es schon ein Talent, wenn es das Leben nicht gut mit einem meint?
Denn es gibt ein treues Millionenpublikum. Es hofft und fiebert mit, lästert und sortiert aus. Ein Echo zur letzten Show liest man am nächsten Tag in den Boulevardblättern und wird auf die nächste Show eingestimmt. Die Show und ihre Kandidaten gehören für viele quasi mit zur Familie. Das bringt die gewünschten Einschaltquoten und damit Werbeeinnahmen für die privaten Fernsehsender.
Kandidaten finden sich offensichtlich in großer Zahl. Allein für GNTM 2011 wurden 13.000 Mädchen gecastet. Auch in unserer Klasse würden sich auch bei „geringer“ Begabung 37 Prozent der Schülerinnen bewerben. Da stellen sich einige Fragen. Was ist ein Talent, was ist Schönheit und kann Schönheit auch ein Talent sein? Oder ist man schon ein Talent, wenn es das Leben nicht gut mit einem meint?
Schlimme Lebensgeschichten
Es fällt auf, dass gerne Kandidaten mit sogenannten schweren Schicksalsschlägen ausgesucht und diese regelrecht „ausgeschlachtet“ werden. So gewann zum Beispiel 2008 bei „Das Supertalent“ ein gehbehinderter, halb blinder Hartz-4-Empfänger, der Mundharmonika spielte. Wird hier eigentlich noch das Talent der Kandidaten bewertet? Oder geht es hier nur noch um schlimme Lebensgeschichten und Einschaltquoten? Wieso gucken wir uns das überhaupt noch an? Wollen wir Talente sehen, oder uns nur schadenfroh über Kandidaten amüsieren? Bedauern wir die, die scheitern? Empfinden wir Mitleid? Vergleichen wir uns mit den Kandidaten, um festzustellen, die sind auch nicht besser oder sogar untalentierter oder hässlicher als wir? Richten wir mit oder akzeptieren wir die Wahl der Jury?
Jeder sollte sich diese Fragen einmal stellen. Wollen wir Heidi Klums Schönheitsideal und Dieter Bohlens Umgangston übernehmen? Oder wollen wir die ultimative Gleichberechtigung? Dann fordern wir „Germany’s next Topmodel“ für Männer!
Robert Krieger, Benjamin Lotz, Klasse 8e, Hildegardis-Schule Bochum