Duisburg.
Die Organisation Foodwatch setzt sich schon seit 2002 für mehr Demokratie auf dem Teller ein. Sprecherin Christiane Groß beantwortete unsere Fragen zum Thema Dioxin verseuchte Lebensmittel und klärte uns auf.
Was ist überhaupt Dioxin?
Christiane Groß: Dioxine sind chemische Stoffe, die in der Umwelt vorkommen - und leider immer wieder auch in unserem Essen. Weil Dioxine farb- und geruchlos sind, sieht man es Eiern oder Fleisch nicht an, wenn der Giftstoff darin steckt. Deshalb kann man sich nicht selbst davor schützen, sondern es ist die Aufgabe der Politik dafür zu sorgen, dass so wenig Dioxin wie möglich in unser Essen gelangt.
Wie schädlich ist Dioxin für den Menschen?
Dioxine stehen im Verdacht, das Erbgut zu verändern und Krebs zu verursachen. Von einem Ei mit zu viel Dioxin fällt zwar niemand tot um. Das Problem ist aber, dass Dioxine sich im Körper anreichern - je älter man ist, desto mehr Dioxin steckt im Körper. Dadurch steigt zum Beispiel das Risiko, an Krebs zu erkranken.
In welchen Lebensmitteln ist eigentlich jetzt Dioxin reingemischt worden?
Das Dioxin ist über Futtermittel in unsere Lebensmittel gelangt. In ein Futtermittel wurde ein Fett gemischt, das zu viel Dioxin enthielt. Mit diesem Futter wurden vor allem Hühner gefüttert, darüber ist der Giftstoff in Eier gelangt. Aber auch Schweine haben das Futter gefressen. Die Untersuchungen dazu, welche Lebensmittel betroffen waren, sind noch nicht abgeschlossen.
Darf man überhaupt noch Eier und andere Lebensmittelarten, die mit dem verseuchten Futter in Verbindung gebracht werden können, essen?
Das Problem ist, dass wir sowieso schon ständig Dioxine aufnehmen. Denn Dioxine sind in der Luft und im Boden und gelangen darüber auch in bestimmten Mengen immer in unsere Nahrung. Dioxin kam früher vor allem durch Müllverbrennungsanlagen und die chemische Industrie in die Umwelt. Heute gelten hier strengere Vorschriften, der Dioxinausstoß wurde gesenkt. Aber wir nehmen immer noch mehr Dioxin auf, als empfohlen wird - über tierische Lebensmittel wie Fleisch, Milch und Eier. Dahinein gelangt das Dioxin vor allem über die Futtermittel. Darum fordert Foodwatch, dass Futtermittelhersteller die einzelnen Zutaten für ein Futtermittel regelmäßig auf Dioxine testen müssen. So würden Hersteller nämlich rechtzeitig bemerken, wenn zu viel Dioxin in einer Zutat wie einem Fett steckt. Die staatlichen Lebensmittelkontrolleure könnten sich dann die Testberichte zeigen lassen, Panschereien würden erschwert.
Was für eine Folge hat so ein Skandal für Deutschland?
Zunächst mal gibt es viele Medienberichte, die Menschen sind verunsichert und empört. Die Politiker verkünden Aktionspläne und versprechen, dass nun alles anders wird, unsere Lebensmittel sicherer werden. Leider waren diese Versprechen in der Vergangenheit oft schnell wieder vergessen, sobald die Zeitungen und das Fernsehen nicht mehr über das Thema berichten. Man kann nur hoffen, dass das diesmal anders ist.
Beschäftigt sich Foodwatch eigentlich mit diesem Skandal?
Foodwatch setzt sich dafür ein, dass alle Lebensmittel sicher sind und halten, was sie versprechen. Was drauf steht, muss auch drin sein - und was drin steckt, muss auch draufstehen. Mit dem Thema Dioxin beschäftigen wir uns schon seit unserer Gründung im Jahr 2002. Wir haben zum Beispiel 2005 eine Untersuchung zum Thema Futtermittel veröffentlicht, in der wir auf das Dioxin-Problem hingewiesen und gefordert haben, Hersteller gesetzlich zu regelmäßigen Dioxintests zu verpflichten.
Wie kann so oder ein ähnlicher Fall in Zukunft vermieden werden?
Futtermittelhersteller müssen gesetzlich dazu verpflichtet werden, jede Lieferung einer Futtermittelzutat - ob Getreide oder Fett - auf Dioxin zu testen, die Ergebnisse zu dokumentieren und das Material zu vernichten, wenn Grenzwerte überschritten werden. Diese Forderung von Foodwatch hat Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner in ihrem Aktionsplan nun aufgegriffen. Die Umsetzung steht aber noch aus.
Wurde der Export der unter Verdacht stehenden Lebensmitteln gestoppt?
Nicht Deutschland hat den Export gestoppt, sondern einige Länder wie China und Russland haben den Import von deutschem Schweinefleisch gestoppt. Die deutsche Regierung will ja eigentlich den Export deutscher Fleischprodukte fördern, zum Beispiel für Geflügel und Schweinefleisch. Deshalb hat sich jede Regierung bisher gescheut, die Kosten der Futtermittelindustrie durch verpflichtende Dioxin-Proben zu erhöhen. Doch nur dadurch lässt sich weitgehend ausschließen, dass unnötig viel Dioxin auf unseren Tellern landet. Hier muss der Schutz der Verbraucher vor Gesundheitsschäden endlich wichtiger genommen werden als der Schutz der wirtschaftlichen Interessen der Industrie.
Wie lange bleiben die Folgen dieses Skandals?
Bisher gab es ja leider in regelmäßige Abständen Dioxinskandale, zuletzt im Mai letzten Jahres, damals ging es um Bio-Eier, die zu viel Dioxin enthielten. Jetzt ist es an den Politikern, endlich die wirksamen Maßnahmen gegen diese ständigen Skandale zu ergreifen. Es darf nicht bei Aktionsplänen und Ankündigungen bleiben. Das werden wir scharf beobachten.
Alper Yilmaz, ZeusPower-Reporter, Duisburg