Witten. Ein Azubi aus Witten zockt bei Instagram & Co. Schalke- und BVB-Fans ab. Ins Gefängnis will der 25-Jährige nicht – er spricht von Sucht.

Ein Auszubildender aus Witten hat bei Instagram und Co. Schalke- und BVB-Fans abgezockt. Der verurteilte Ticketbetrüger wehrt sich am Bochumer Landgericht gegen den bevorstehenden Gang ins Gefängnis. Der 25-Jährige und sein Anwalt räumen selbst ein, auf Zeit zu spielen – und verweisen beim Motiv auf verfestigte „Spielsucht“.

Seine Angebote verbreitete der Wittener über soziale Medien – es waren aber nur gemeine Luftnummern. Erstmals am 8. September 2023 hatte das Wittener Amtsgericht gegen den Betrüger eine zweijährige Bewährungsstrafe plus 100 Sozialstunden verhängt. Hintergrund dafür waren 41 perfide vorgetäuschte Kartenangebote, die der 25-Jährige über seine Accounts bei Facebook, Instagram, Telegram und Tiktok geschaltet hatte. Und auf die reihenweise Fußballfans von Schalke, Dortmund und Köln reingefallen waren, indem sie dem Wittener vorab Geld überwiesen hatten.

Opfer übergab Wittener Geld - der schickte gefälschte E-Tickets zu

Weil der 25-Jährige nur drei Tage nach dem Betrugsurteil seine Serie schamlos fortgesetzt und mit derselben Masche bis April 2024 weitere 27 Opfer geprellt hatte, folgte schon im Juli am Amtsgericht in Witten ein zweites Betrugsurteil. Diesmal wurden weitere zweieinhalb Jahre Gefängnis verhängt.

Erneut waren vor allem Fußballfans von Schalke und dem BVB reihenweise auf die Lockangebote des Witteners reingefallen, hatten mal 80, mal 100, mal 120 und mal sogar 190 Euro für begehrte Tickets überwiesen. Für vier - nicht vorhandene - Karten für das Weihnachtssingen im Signal-Iduna-Park überwies ihm ein weiteres Opfer 200 Euro. Für das Halbfinal-Heimspiel in der UEFA-Champions-League gegen Paris knöpfte der Betrüger Ende April seinem vorerst letzten Opfer bei einem persönlichen Treffen an den Edelstahlwerken in Witten 100 Euro ab und übersendete danach E-Tickets, die am Stadion als „ungültig“ durchfielen.

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Während das erste Wittener Bewährungsurteil rechtskräftig ist, wehrt sich der 25-Jährige in der zweiten Instanz gegen das Gefängnisurteil. „Das Ziel der Berufung war erst einmal, Zeit zu gewinnen“, gab der Verteidiger jetzt vor der 14. Strafkammer offen zu. An der Betrugsserie selbst wolle man auch gar nichts bestreiten. „Dass das alles nicht sonderlich schlau von ihm war, ist uns schon klar“, hieß es weiter. Doch genau an dieser Stelle müsse man noch einmal genauer hinschauen. „Nüchtern betrachtet, kann man nur dazu kommen, dass er einen an der Mütze haben muss“, meinte der Anwalt.

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Wer sofort nach einer Verurteilung einfach so weiterbetrüge, wer durch Preisgabe des eigenen Kontos sein Auffliegen mehr als nahelege, wer selbst seinem Bewährungshelfer dreiste Märchen mit Blick auf die Ableistung der Sozialstunden auftische, der tue das, „weil er spielsüchtig ist“. Mit Blick darauf stelle sich die Frage, so der Anwalt, inwieweit eine mögliche Spielsucht die Schuldfähigkeit des 25-Jährigen eingeschränkt habe. Dass eine solche Beeinträchtigung in erster Instanz als nicht ausreichend gravierend abgetan worden sei, könne man nicht hinnehmen.

Gericht will Gutachten einholen

Die Berufungskammer entschied am Ende tatsächlich, das Verfahren vorerst auszusetzen und ein Gutachten zu Schuldfähigkeit und Spielsucht des Witteners einzuholen. Sonderlich große Hoffnungen solle sich der TicketbBetrüger aber nicht machen. Richterin Viktoria Hehn: „Selbst wenn man eine Spielsucht feststellen könnte, heißt das ja keineswegs, dass dann am Ende auch eine Bewährungsstrafe rauskommt.“ Der Wittener hatte mit Blick auf seine ständige Automaten-Zockerei erklärt: „Sobald Geld da war, war ich in der Spielhalle.“

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