Witten. Seit der Ankündigung, dass Wittens Grundsteuer-Hebesätze auf 1300 Punkte steigen könnten, herrscht viel Unruhe. Das sagt der Bürgermeister.
Bürgermeister Lars König hat eine sachliche Debatte über die Grundsteuer angemahnt. „Wir können uns bei jedem Thema zerlegen. Das wäre aber nicht hilfreich“, sagte er in der jüngsten Ratssitzung am Montag (14.11.). An die Politik appellierte er: „Beraten Sie in der Sache. Das ist kein Thema, das für Polemik taugt.“
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Allerdings wurde der Wunsch von Michael Hasenkamp („Stadtklima“), die Grundsteuer schon jetzt auf die Tagesordnung zu setzen, von der politischen Mehrheit abgeschmettert. Hasenkamp hatte damit argumentiert, dass das Thema die Menschen sehr bewege. CDU-Fraktionschef Volker Pompetzki sieht dagegen noch genug Beratungszeit in den ausstehenden Fachausschüssen vor der Ratssitzung eine Woche vor Weihnachten, in der über neue Hebesätze abgestimmt werden soll.
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Grundstücksbesitzer und Mieter machen sich große Sorgen, nach der umstrittenen Grundsteuerreform ab 2025 deutlich tiefer in die Tasche greifen zu müssen. Zuletzt war bekannt geworden, dass die Hebesätze in Witten als Folge dieser Reform von jetzt schon rekordverdächtigen 910 auf 1300 Punkte steigen könnten. Darüber muss der Rat am 16. Dezember entscheiden.
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Entscheiden muss die Kommunalpolitik auch darüber, ob sie einen einheitlichen Satz wählt (vermutlich 1302 Punkte) oder der Empfehlung des Landes NRW folgt, differenzierte Hebesätze einzuführen. Bei dem NRW-Modell würde zwischen Wohngrundstücken (1100 Punkte) und Nicht-Wohngrundstücken/Gewerbe (1896) unterschieden. „Wir schaffen innerhalb beider Gruppen keine Gerechtigkeit“, so König, „weder mit einer Differenzierung noch mit einem Einheitswert.“ Er folgte dem, was auch der Kämmerer schon zu Protokoll gab: „Die einen Haushalte werden mehr, die anderen weniger bezahlen.“
Wittener Bürgermeister: „Wir erhöhen nicht, um mehr Geld zu bekommen“
Gleichzeitig war dem Bürgermeister der Hinweis wichtig, dass die Grundsteuer „aufkommensneutral“ bleibe. „Die Städte gewinnen nichts.“ Es werde eine Vielzahl von Verfahren geben, ohne Mehreinnahmen in den städtischen Haushalten. König: „Es geht nicht darum, eine Erhöhung herbeizuführen, um mehr Geld zu haben.“ Das Stadtoberhaupt sprach von einer „technischen Veränderung mit praktischen Auswirkungen“. König räumte aber ein: „Für jeden, der mehr bezahlen muss, ist das hoch ärgerlich.“
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Ob sich Witten für einen einheitlichen Hebesatz mit einer Lastenverschiebung von gewerblichen Grundstücken hin zu privaten Haushalten oder für eine Differenzierung mit einer gewissen Begünstigung der Wohngrundstücksgruppe entscheide, sei am Ende eine „politische Abwägung“, so der Bürgermeister. CDU-Fraktionschef Volker Pompetzki spricht von einem „schlechten Gesetz, das die Kommunen ausbaden müssen“.
Stadt: Alle Infos rund um die Grundsteuer
Die Reform der Grundsteuer befindet sich laut Stadt auf der Zielgeraden. Grundstückseigentümerinnen und Eigentümer haben vom Finanzamt bereits den Bescheid über die Feststellung des neuen Grundsteuerwerts und -messbetrags erhalten. Die Politik muss nun noch in der letzten Ratssitzung vor Weihnachten (16. Dezember) über den entsprechenden Hebesatz entscheiden. Denn ab 1. Januar soll die neue Grundsteuer in Kraft treten.
Die Stadt nimmt dies zum Anlass, auf witten.de Fragen zur Grundsteuer zu beantworten. Was ist das überhaupt für eine Steuer? Und warum wurde sie reformiert? Was bedeutet ein einheitlicher und was ein „differenzierter“ Hebesatz? Was versteht man unter „Aufkommensneutralität“? Und was unter Grundsteuerwert, Messbetrag und Hebesatz? Es soll auch Infos dazu geben, ob man mehr bezahlen muss, wie man als Grundstücksbesitzer oder Mieter die Grundsteuer berechnen kann und wann man erfahren kann, ob in Witten nun der einheitliche oder der differenzierte Hebesatz gilt.
Witten will zwar ausdrücklich nicht mehr Gebühren als bisher kassieren. trotzdem bleibt die Grundsteuer B eine enorm wichtige Einnahmequelle. Bei 30.000 Grundstücken fließen jährlich über 30 Millionen Euro ins Stadtsäckel. Wegen der leeren Kassen war die Grundsteuer 2016 auf den damaligen Rekordwert von 910 Punkten angehoben worden - ein Anstieg um fast ein Drittel. Der alte Satz lag bei 690 Punkten. Mit diesem Sprung setzte sich Witten seinerzeit an die Spitze aller Ruhrgebietsstädte und landete mit Altena auf Platz 2 in NRW. Mit einem möglichen Sprung auf über 1300 Punkte würde die Universitätsstadt an der Ruhr bundesweit abermals weit vorne liegen.
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