Witten. Wittens Wirtschaft schwächelt. Doch der Innenstadt-Handel hat einen Plan, wie er seiner Kundschaft gerade deshalb das Leben versüßen kann.

Der Konjunkturmotor lahmt, auch in Witten. Vor wenigen Wochen kamen Hiobsbotschaften für die Industriebetriebe ZF und Evonik. Viele Bürger müssen inzwischen jeden Euro zweimal umdrehen. Was bedeutet das fürs Weihnachtsgeschäft? Muss sich der Handel Sorgen machen? Die Standortgemeinschaft Witten-Mitte hält die Aussichten keineswegs für düster.

Angelika Bilow-Hafer (59) ist Vorsitzende der Interessensvertretung in der Innenstadt. Diese vereint 60 Einzelhändler, Dienstleister und Immobilienbesitzer in der City. In ihrer „Genussgalerie“ am Berliner Platz hat die Weihnachtszeit gerade begonnen – zumindest optisch. Das Geschäft ist vom Team schon adventlich dekoriert worden.

Christkind beantwortet Zuschriften von Wittener Kindern

Auf dem Berliner Platz hat die Standortgemeinschaft, wie bereits im Vorjahr, ein Dorf mit Wichtelhütten entstehen lassen – nur für Kinder und ihre Familien. Besonders stolz ist sie auf die Posthütte samt Briefkasten. Dort können Briefe mit Botschaften oder Bildern ans Christkind abschicken. „Auch Sorgen und Nöte waren dabei. Das war manchmal traurig“, sagt Angelika Bilow-Hafer. Alle Einsendungen werden liebevoll persönlich beantwortet. Im Vorjahr sorgten 150 Briefe für glänzende Kinderaugen. „Alle Daten bleiben beim Christkind“, sagt Bilow-Hafer mit Blick auf den Datenschutz. Wer finanziert das Wichteldorf?

„Wir haben im vorigen Jahr innerhalb von drei, vier Monaten so viele Sponsoren und Fördergelder zusammenbekommen, dass wir sechs Hütten kaufen konnten“, erinnert die Einzelhändlerin an den Projektstart im Vorjahr. Die Hütten wurden vom Wittener Spielanlagenhersteller Moritz Vockel aus wetterbeständigem Holz gebaut – sie sind wiederverwendbar. Inzwischen ist eine weitere dazugekommen. Ein weiterer Sponsor macht’s möglich: „Wir kennen uns hier alle.“

Das Wichtelhüttendorf auf dem Berliner Platz ist der Stolz der Standortgemeinschaft Witten.
Das Wichtelhüttendorf auf dem Berliner Platz ist der Stolz der Standortgemeinschaft Witten. © FUNKE Foto Services | Sebastian Sternemann

Hinter dem Wichtelhüttendorf plus Imbiss mit Waffeln und Kakao steht ein Konzept. Die kleine, geschützte Fläche auf dem Berliner Platz ist übersichtlich – für Kinder wie für Eltern. So will die Standortgemeinschaft, wie mit der sommerlichen After-Work-Eventreihe, die Aufenthaltsqualität in der Innenstadt mit Wohlfühlatmosphäre steigern. Derselben Idee folgt die vorweihnachtliche LED-Beleuchtung von vier Bäumen an der Ruhrstraße, die neben der Bahnhofstraße als Einkaufsmeile gilt. Die Lichterketten bleiben ganzjährig. Bilow-Hafer: „Auch das ist ein Nachhaltigkeitsprojekt.“

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Einerseits kann der City-Handel von Wichteldorf und Lichterglanz profitieren. Andererseits nutzt eine belebte, vorweihnachtlich gestaltete Innenstadt auch Dienstleistern. Wer sich gern dort aufhalte, komme häufiger, verweile länger und kaufe bereitwilliger ein, hoffen die Gewerbetreibenden. Was draußen beginnt, wollen die Einzelhändler in ihren Ladenlokalen fortsetzen. „Kunden sollen reinkommen und sagen: Ach, ist das schön. Das ist eine Wohlfühl-Atmosphäre“, sagt Sprecherin Angelika Bilow-Hafer. Ihre Mitstreitenden und sie möchten vor Ort nicht nur Produkte und Dienstleistungen verkaufen, sondern Erlebnisse. „Das spüren die Kunden. Das gibt dem Einkauf einen kleinen Event-Charakter.“

Das Auge kauft mit. Angelika Bilow-Hafer setzt, wie andere Einzelhändler der Standortgemeinschaft Witten, auch in ihrem Laden auf ein Einkaufserlebnis.
Das Auge kauft mit. Angelika Bilow-Hafer setzt, wie andere Einzelhändler der Standortgemeinschaft Witten, auch in ihrem Laden auf ein Einkaufserlebnis. © FUNKE Foto Services | Sebastian Sternemann

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Der City-Handel weiß: In den kommenden Wochen gilt es. „Die Weihnachtszeit ist die wichtigste Geschäftszeit des Jahres“, betont die Chefin der Standortgemeinschaft. „Diese Zeit ist aber auch von Sorgen geprägt. In diesem Jahr sind zum ersten Mal politische Themen an der Kasse angesprochen worden, erst die Wahl in Amerika und dann die eigene Regierungskrise. So etwas habe ich ganz selten erlebt.“

Warum die Standortgemeinschaft Witten-Mitte Hoffnung schöpft

Und dennoch schöpft der City-Einzelhandel Hoffnung daraus. Angelika Bilow-Hafer beobachtet, dass viele Kunden gerade wegen der krisengeschüttelten Zeit besonderen Wert auf ein besonders harmonisches Weihnachtsfest im Kreis der Familie legen. Gibt es einen Trend? „Bereits seit Corona wissen wir: Immer wenn es eine Krise gibt, legen die Kunden Wert auf Genuss. Man gönnt sich was. Motto: Wir machen’s uns zuhause schön.“

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