Witten. Trinker, Drogen, Randale: Manche nehmen den Parkplatz eines Geschäfts an der Schlachthofstraße in Witten als Problemzone wahr. Ein Ortstermin.

Die Messerattacke im Lutherpark hat in der Öffentlichkeit eine Diskussion über Angsträume in Witten ausgelöst. Dabei wurde mehrfach der Parkplatz an der Schlachthofstraße genannt. Was ist da dran?

Ortstermin. Es ist einer dieser Tage, für die der Begriff „Goldener November“ erfunden wurde. Der großflächige Parkplatz zwischen Schlachthof- und Pferdebachstraße wird von der raren Nachmittagssonne erhellt. Ein großer Strahler hoch über der Apotheke am Pakrplatz signalisiert: Die Fläche wird auch nachts ausgeleuchtet. Ende der Geschichte? Denkste.

Kundschaft anliegender Geschäfte beschwert sich über Trinkerszene

In Gesprächen mit Mitarbeitenden anliegender Geschäfte ergibt sich ein düsteres Bild. Ausgerechnet der Zufahrtsbereich des Parkplatzes wird als Problemzone wahrgenommen. Das legen Stimmen aus dem Team des dort ansässigen Getränkemarkts nahe. Ähnlich ist der Tenor in der Wäscherei und in der Änderungsschneiderei.

Sie alle beklagen eine Trinkerszene, die sich regelmäßig auf den Treppenstufen vor den Eingängen der kleinen Dienstleister niederlasse. Das große Schlucken beginne am späten Nachmittag, so der übereinstimmende Tenor. Das Ende hänge von der Jahreszeit ab. Die Partyszene glühe unmittelbar an der Schlachthofstraße vor. Weiter hinten zeche eine Gruppe Älterer. „Kunden beschweren sich“, heißt es in der Wäscherei, „immer.“ Gerade dann, wenn Streit in der Trinkerszene zu „Kloppereien“ eskaliere.

Angst vor Bedrohung

Der Begriff Angstraum bezeichnet einen in der Regel öffentlichen Ort, an dem Menschen Angst empfinden können. Gemeint ist das Gefühl von Bedrohung durch Kriminalität, insbesondere durch Straßengewalt. Thematisiert wird der Begriff in Stadtgeographie und Stadtsoziologie, Stadtplanung und Architektur sowie Sozialpsychologie und Sicherheitspolitik.

Angstraum Boni-Parkplatz
Schuhmacher Didi Köster beklagt, dass der Parkplatz an der Schlachthofstraße im hinteren Bereich vermüllt werde. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

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„Wir haben schon zwei, drei Mal die Polizei angerufen“, ist sowohl in der Wäscherei als auch im Getränkemarkt zu hören. Die Beamten würden den Ball gelegentlich aber an das Team des Getränkemarkts zurückspielen. „Sie sagen manchmal: Für Ruhe zu sorgen, ist euer Job. Wir können nicht wegen jeder Kleinigkeit ausrücken.“ Selbst wenn die zechende Randale-Szene vertrieben werde, sei absehbar, dass sie nach Abrücken der Polizei zurückkehre, heißt es bei Anwohnern.

Kenner des Viertels haben eine weitere Problemgruppe ausgemacht, die ihren Angaben zufolge die unübersichtlichen hinteren Bereiche des Parkplatzes schätzt. Von Dealern und Drogensüchtigen ist die Rede. Zwielichtige Gestalten sollen beispielsweise mit weißen Sprintern vorfahren, um Betäubungsmittel unters Volk zu bringen.

Unübersichtliche Ecken auf dem Parkplatz sollen teilweise auch von der  Drogenszene genutzt werden.
Unübersichtliche Ecken auf dem Parkplatz sollen teilweise auch von der Drogenszene genutzt werden. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Was sagt die Stadtverwaltung zu den Bürger-Klagen? „Der Stadt ist der Ort bislang nicht als problematisch bekannt“, teilt Sprecherin Heinke Liere mit. Die Stadt habe bei einem privaten Grundstück keine Handhabe, Vorgaben zu machen. Polizeisprecherin Gianna Isabella Kruck relativiert auf Anfrage die Aussagen des Einzelhandels am Parkplatz. Es gebe keine Häufung von Einsätzen wegen Randale. Es gehe eher um Ladendiebstähle und Verkehrsunfälle. Dennoch zeige die Polizei bewusst Präsenz rund um den innenstadtnahen privaten Parkplatz.

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Schuhmacher Didi Köster hat seinen Laden zwar ebenfalls an dem Parkplatz, der Getränkemarkt ist jedoch ein gutes Stück von seiner Werkstatt entfernt. Ihm bereiten Zecher keine Probleme. Den Handwerker ärgert etwas anderes: Die begrünte Zone des Parkraums werde als wilde Müllkippe missbraucht. Die Redaktion hat sich vor Ort davon überzeugt.

Grünzeug am Kunsthügel zurückgeschnitten

Der Eigentümer des Parkplatzes mochte sich auf Anfrage der Redaktion nicht äußern. Eines jedoch ist augenfällig. Das Grünzeug am sogenannten Kunst-Hügel ist großflächig zurückgeschnitten worden. Dunkle Gestalten haben dort vorerst keinen Rückzugsraum.

Polizeisprecherin Kruck will das ungute Gefühl von Teilen der Bevölkerung auf dem Parkplatz nicht kleinreden. Deshalb betont sie: „Es ist weiterhin beabsichtigt, diese Bereiche in den Fokus polizeilicher Maßnahmen zu rücken.“ Geschäftsleute und Anwohner begrüßen das. Denn trotz der unspektakulären amtlichen Zahlen bleibt für sie ein Störgefühl.

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