Witten. Die Wittener vergessen nicht. Beim Gedenken an die Opfer der Pogromnacht wurde eine ganz besondere Persönlichkeit in den Vordergrund gestellt.

Am Samstagvormittag, 9. November, trafen sich rund 40 Menschen, von Jung bis Alt, am Bolzplatz zwischen der Breite- und der Kesselstraße, um am Jahrestag der Reichspogromnacht an einer wichtigen Aktion teilzunehmen: der Ehrung der Wittenerin Nelly Niessen und dem Reinigen der Stolpersteine in Witten. Diese kleinen, in den Boden eingelassenen Gedenksteine erinnern an die Opfer des Nationalsozialismus und sind ein wichtiger Bestandteil der Erinnerungskultur nicht nur in unserer Stadt.

Die Veranstaltung begann mit einer besonderen Ehrung, initiiert von der Caritas im Marienviertel. In Erinnerung an Petronella „Nelly“ Niessen (1874-1957), die in der Kesselstraße 16 ein Lebensmittelgeschäft betrieb und während der Nazizeit trotz Verbots jüdischen Nachbarn Lebensmittel überließ, hielt der Wittener Historiker Ralph Klein eine bewegende Rede. Niessen, eine überzeugte Katholikin, zeigte in einer Zeit großer Gefahr und Unsicherheit Zivilcourage. Trotz mehrfacher Verurteilung blieb sie ihren Prinzipien treu und verkaufte so lange es ging Lebensmittel an jüdische Mitbürger.

Wittener putzen Stolpersteine

Der junge Wittener Musiker David Sogoan begleitete die Zeremonie mit zwei Stücken aus dem Holocaust-Film „Schindlers Liste“ auf seiner Violine. Die Teilnehmenden hörten andächtig der Musik zu, die die Schwere und Bedeutung des Moments unterstrich, und spendeten leisen Applaus.

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Im Anschluss an die Gedenkveranstaltung machten sich die verschiedenen Gruppen auf den Weg, um vom Berliner Platz aus die Stolpersteine in der Innenstadt zu säubern. Mit Putzeimern, Schwämmen und ganz viel Überzeugung ausgerüstet, gingen sie sorgfältig vor, um die Namen und das Andenken der Opfer wieder zum Glänzen zu bringen. Diese jährliche Aktion ist nicht nur ein Akt der Reinigung, sondern auch ein Symbol für das fortdauernde Engagement gegen das Vergessen und für die Bewahrung der Erinnerung an die Schrecken des Nationalsozialismus.

Gedenken an Opfer der Pogromnacht

Christoph Ebner, Koordinator des Arbeitskreises „Stolpersteine in Witten“ und seit Beginn der Aktivitäten im Jahr 2013 dabei, betonte die Wichtigkeit dieser Aktionen: „Menschen, die sonst wenig miteinander zu tun haben, kommen zusammen für eine gemeinsame Sache.“ Diese gemeinsame Anstrengung zeige, wie sehr die Stadt Witten und ihre Bürgerinnen und Bürger die Erinnerung an die Vergangenheit bewahren und gleichzeitig ein Zeichen für Toleranz und Zusammenhalt setzen, so der 77-Jährige weiter. Erwähnenswert ist zudem, dass in diesem Jahr erstmalig die Mitglieder des Unikat-Vereins an der Aktion teilnahmen, was noch mal die Vielfalt und den Zusammenhalt der Wittener unterstreicht.

Gedenken an die Reichsprogromnacht
Das Ruhr-Gymnasium gestaltet das Gedenken an die Opfer der Pogromnacht in jedem Jahr emotional mit. Hier hält die stellvertretende Schulsprecherin Isabella eine Rede. © FUNKE Foto Services | Dirk A. Friedrich

Die Veranstaltung zeigte eindrucksvoll, wie wichtig es ist, Geschichte lebendig zu halten und gemeinsam gegen das Vergessen zu kämpfen. Die Pflege der Stolpersteine ist mehr als nur eine jährliche Putzaktion – sie ist ein aktives Zeichen gegen das Vergessen. Neben dieser Veranstaltung fand am Abend zudem das Gedenken an die Opfer der Reichspogromnacht am Standort der in dieser Nacht zerstörten ehemaligen Synagoge statt. Neben Bürgermeister Lars König gestalteten auch Schülerinnen und Schüler des Ruhr-Gymnasiums die Gedenkfeier mit.

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