Witten. Nach dem Abi wird Noah Weber (18) in einer Bibliothek in Ecuador arbeiten und Englisch lehren. Das ist sein Freiwilliges Soziales Jahr.
Noah Weber aus Witten blinzelt in die Sonne. Er scheint in sich selbst zu ruhen. Dabei steht er vor einer aufregenden Reise. In rund zwei Monaten geht es für ihn nach Ecuador. Dort wird der 18-Jährige ein Jahr lang Freiwilligendienst in einer Bibliothek leisten.
Für den jungen Wittener gibt es noch viel zu tun: Formulare einreichen, Anträge stellen und jede Menge Impfungen über sich ergehen lassen. „Mir tun von den vielen Spritzen schon die Arme weh. Ich kann auf keiner Seite mehr schlafen“, sagt Noah und lacht. Was zieht ihn nach Südamerika?
Sein Abitur hat er am Albert-Martmöller-Gymnasium gemacht. Notenschnitt 1,4. Der AMG-Schüler interessiert sich für Journalismus. Er hat für die Abizeitung getextet und über das ZEUS-Projekt („Zeitung und Schule“) schon eigene Artikel in der WAZ veröffentlicht. Nach dem Abitur steht wohl ein Studium an. „Ich glaube, in diesem Jahr in Ecuador werde ich mehr Klarheit gewinnen. Aber Journalismus steht mittlerweile ziemlich weit oben.“ Zwischen Schulabschluss und Studienbeginn sucht er nun erst einmal nach „etwas Neuem“.
Junger Wittener hat sich „ein bisschen verliebt“
Schule habe er eher als frustrierend wahrgenommen, sagt Noah. Es sei nur darum gegangen, eine Qualifikation fürs Studium zu erwerben. „Ich hatte Lust, etwas zu machen, bei dem ich - ganz pragmatisch - den Sinn direkt erkennen kann“, sagt er über seine Entscheidung, nach Ecuador zu gehen. Auf dem Online-Portal von „weltwärts“, dem Freiwilligendienst der Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, hat er das Projekt „A Mano Manaba“ in Don Juan entdeckt und sich „ein bisschen verliebt“. Die Geschichte beginnt mit einem Erdbeben und einem Esel.
Im April 2016 wurde Ecuador von einem heftigen Erdbeben getroffen. Dabei haben viele Einwohner ihre Häuser verloren. So auch Esteban Ponce und Rut Rut Román, die Projektgründer. Die ecuadorianischen Professoren, die zuvor in den USA gelehrt hatten, waren erst einen Monat vor dem Beben nach Don Juan gezogen. „Mitten in der Katastrophe, als es weder Strom noch Wasser noch Schulen gab, als Familien Zuflucht in Zelten und Hütten suchten, kam die Idee auf, ‚Bibliothek zu spielen‘“, heißt es auf der Homepage der Organisation. Und weiter: Die beiden haben Bücher, Hefte und Buntstifte auf ihren Familienesel geladen und sind mit ihm an den Strand gezogen, um Kindern einen Zufluchtsort zu bieten.
Vom Bücheresel zur erdbebensicheren Bibliothek
Von dort hat sich das kleine Projekt stetig weiterentwickelt. Es kam eine Überdachung hinzu, eine gemeinnützige Organisation wurde gegründet und später sogar eine „erdbebensichere Bibliothek“ aus Bambus gebaut. Darin soll Noah aus Witten ab September leben und arbeiten. Im Obergeschoss wird geschlafen, im Erdgeschoss gelesen und gelernt. Es könnte schwierig werden, Arbeit und Freizeit zu trennen, sagt er. Doch das hält ihn nicht von seinem Plan ab. Auch nicht, dass er „eher der Wander- und Bergtyp“ ist. Denn „vom Strand aus kann man tatsächlich die Anden sehen“.
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Der 18-Jährige scheint zu wissen, was auf ihn zukommt. Neben der Arbeit in der Bibliothek werde er an einer Schule im Nachbardorf Englisch unterrichten. Ob es Bücher gibt, die er den Kindern unbedingt näher bringen möchte? „Ich bin ein Nerd und liebe Harry Potter und Der Herr der Ringe. Ich denke, das gibt es dort schon. Ansonsten wäre es mir eine Ehre, ihnen die Bücher mitzubringen.“
Mama: „Er passt gut in das Projekt“
„Der Freiwilligendienst ist für mich die richtige Entscheidung“, sagt der Ex-AMG‘ler. Auch seine Freunde und seine Mutter Nadine (50) sehen das so. „Er passt gut in das Projekt“, sagt die 50-Jährige. Besonders überzeugt ist ihr Sohn von der Philosophie hinter dem Projekt: „Man gibt den Kindern die Möglichkeit, im eigenen Tempo, ohne irgendwelchen Leistungsdruck zu lernen und ohne den Zwang, aus dem Wissen irgendetwas zu machen. Das ist Freiheit durch Bildung.“
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