Witten. Bei der Mottowoche an einer Realschule in Witten grölen Schüler rassistische Parolen zum Partyhit „L‘amour toujours“, wie im Sylter Skandalvideo.
Auch Witten hat jetzt einen „Sylt-Vorfall“: Während die Zehntklässler der Helene-Lohmann-Realschule (HLR) ihren Abschluss feierten, haben fünf Schüler rassistische Parolen zur Melodie des Partyhits „L‘amour toujours“ angestimmt - ganz ähnlich wie in dem Skandal-Video aus Sylt, das bundesweit für Entsetzen gesorgt hatte. In Bommern hörten das Gegröle nicht nur Passanten und Lehrkräfte, sondern auch die Polizei, die wegen einer Verkehrserziehungs-Stunde in der Schule war.
Wie die Polizei bestätigt, liegt eine Anzeige gegen fünf Schüler der HLR vor. Die Schulleiterin selbst möchte nicht mit der Redaktion sprechen. Ein Zeuge, der anonym bleiben möchte, schildert den Vorfall so: Am Montagmorgen (17.6.) feierten die Klassen 10a und 10b der Bommeraner Realschule ihre „Mottowoche“ - die letzten Schultage vor der Zeugnisübergabe am Freitag gehen immer besonders wild und meist kostümiert vonstatten. Im Klassenraum der 10b wurde in der zweiten großen Pause dann auch das Partylied „L‘amour toujours“ von Gigi D‘Agostino laut aufgedreht und Gesang angestimmt. Deutlich hörbar fielen die Sätze ,,Deutschland den Deutschen“ und ,,Ausländer raus“. Genau diesen rechtsextremen Refrain sangen auch die jungen Leute im elitären „Pony“-Club auf Sylt und teilten das Video in den Sozialen Medien. Dieser „Nazi-Skandal“ war Pfingsten in die Schlagzeilen geraten.
Passanten hörten Gesang und sprachen Lehrer an
Laut Christoph Söbbeler, Sprecher der Bezirksregierung Arnsberg, überschlugen sich die Ereignisse. Zwei Passanten, die an der Schule vorbeiliefen, hörten den Gesang und stürmten ins Gebäude. Auch einige Lehrkräfte erkannten den Text und reagierten. Und: Wegen einer Verkehrserziehungs-Übung war sogar die Polizei im Haus. Eine zusätzliche Streifenwagenbesatzung nahm dann sogleich die Personalien der Tatverdächtigen auf. Die Schule stellt Strafanzeige gegen fünf Schüler. Die Schulleitung hätte kurz darauf die Mottowoche für beendet erklärt und auch dessen Höhepunkt, den „Chaostag“ am Dienstag, verboten.
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In welche Richtung ermittelt der Staatsschutz - etwa Verdacht auf Volksverhetzung? Auch dazu macht die Polizei noch keine Angaben. Die Minderjährigen seien noch nicht vernommen worden. Laut Marina Sablic, Sprecherin der für Witten zuständigen Bochumer Polizeibehörde, hat es bislang kaum „Sylt“-Vorfälle in der Region gegeben. Auch bei der Bezirksregierung Arnsberg sind keine weiteren Fälle in Zusammenhang mit dem Lied bekannt.
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Verhalten „absolut indiskutabel“
Das Landeskriminalamt in Niedersachsen ist eines der wenigen, das den „Abgesang volksverhetzender Lieder“ in Zusammenhang mit der Melodie von „L‘amour toujours“ erfasst. Es hat allein 28 Fälle in den letzten Monaten gezählt. Erst wurden die Zeilen auf Schützenfesten gesungen, mittlerweile häufig bei Schul-Abschlussfeiern.
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Bezirksregierung und Helene-Lohmann-Realschule wollen gegen die fünf Schüler eine harte Linie fahren. „Dieses Verhalten war absolut indiskutabel“, so Sprecher Christoph Söbbeler. „Wir sind uns mit der Schule einig, dass die Schüler mit spürbaren Sanktionen belegt werden. Nach außen hin werden diese auch sichtbar sein.“
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