Witten. Er war nie besonders bequem, galt aber als Schwergewicht in der Wittener Verwaltung. Im Abschiedsinterview verrät Frank Schweppe, was er vorhat.

Frank Schweppe kann eigentlich richtig nett sein. Das hat er nur nicht immer so gezeigt. Man könnte ihn vielleicht auch „authentisch“ nennen. Er ist halt so, wie er ist, und verstellt sich nicht. „Ich wäre ein schlechter Schauspieler“, sagt er selbst. Künftig gehört die Bühne jedenfalls ganz ihm, seiner Familie, seinen geliebten Hunden. Der Erste Beigeordnete der Stadt Witten hat fertig.

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Die gut dotierte Stelle war bis Mitte Januar ausgeschrieben und es dürfte für den Nachfolger oder die Nachfolgerin nicht leicht sein, in seine Fußstapfen zu treten. Nun gut, Frank Schweppe hatte immerhin 27 Jahre Zeit, um dieses wichtige Amt auszufüllen. Dreimal wiedergewählt, war der 65-Jährige als Dezernent seit langem für Schule, Soziales, Sport, Sicherheit und die öffentliche Ordnung verantwortlich. Große Ressorts mit mehreren hundert Mitarbeitenden.

Er hat Schulen und Sporthallen gebaut, zum Beispiel die Halle des TuS Bommern, auf den letzten Metern seiner Laufbahn mit Otto Schott noch die dritte Gesamtschule eröffnet, er war für die Kitas und Spielplätze, Jugendtreffs und Sportplätze in dieser Stadt zuständig.

Wen wundert‘s, dass er zum Abschied sagt, gefragt nach seinem größten Wunsch: „Ich möchte, dass die Kinder in dieser Stadt glücklich und gesund aufwachsen.“ Gerade die Jugendhilfe kostet Millionen - nicht zuletzt, weil immer mehr Mädchen und Jungen unterstützt werden müssen. „Die Erziehungsfähigkeit lässt insgesamt etwas nach.“ Und Schule könne nicht alles auffangen, was in der eigenen Familie versäumt wurde. „Es gibt in den Grundschulen Kinder, die tragen noch Windeln. Das geht nicht.“

Frank Schweppe in einer seiner letzten Ratssitzungen: Der Erste Beigeordnete war nach dem Bürgermeister der zweitmächtigste Mann der Wittener Verwaltung.
Frank Schweppe in einer seiner letzten Ratssitzungen: Der Erste Beigeordnete war nach dem Bürgermeister der zweitmächtigste Mann der Wittener Verwaltung. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Dass das Jugendamt, die Erziehungshilfe in Witten wegen schlimmer Fälle von Kindeswohlgefährdung nie auf der Anklagebank saßen, ist für ihn einerseits ein Zeichen, „dass sie ihren Job gut machen“. Andererseits sagt er: „Ich würde nie sagen, dass hier nichts Schreckliches passieren kann. Ich habe 30 Jahre Glück gehabt.“ Und ja, es habe einmal einen toten Säugling gegeben. Für dessen Tod die Behörde aber nicht verantwortlich gewesen sei.

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Fehlende Kita-Plätze und marode Schulen - Schweppes Dezernat ist auch immer ein bisschen Mangelverwaltung gewesen. Gleichzeitig hatte er viele Möglichkeiten zu gestalten, Neues zu schaffen. „Für das vorhandene Geld haben wir viel erreicht“, sagt der gebürtige Herner, der 1991 von der Bezirksregierung Arnsberg kam und erst mehrere Ämter durchlief, unter anderem bei der Baubehörde, bevor er 1996 Franz Otto als Beigeordneter beerbte.

Aktuell nennt er als Erfolge zum Beispiel das Bildungsquartier in Annen oder die dank eines Investors nun noch zustande kommende neue Kita in Durchholz.

In die Amtszeit von Frank Schweppe (gelbe Jacke) als Sportdezernent fielen die neuen Kunstrasenplätze. Hier sieht man ihn sowie weitere Vertreter aus Politik, Verwaltung und Sport beim ersten Spatenstich 2009 in Stockum.
In die Amtszeit von Frank Schweppe (gelbe Jacke) als Sportdezernent fielen die neuen Kunstrasenplätze. Hier sieht man ihn sowie weitere Vertreter aus Politik, Verwaltung und Sport beim ersten Spatenstich 2009 in Stockum. © WAZ | WAZ-Bild Werner Liesenhoff

Schweppe konnte es mit der Politik und machte oft aus der Not eine Tugend. „Sparen mit dem Sport“ nannte er eines seiner Projekte, für die er die Vereine gewinnen konnte. Den Abbau von Spielplätzen verkaufte er am Ende sogar noch als Gewinn: Konzentration auf wenige, dafür aber attraktivere „Mittelpunktsflächen“. Der Vater zweier erwachsener Kinder ging keiner Auseinandersetzung aus dem Weg. Gleichzeitig wurde ihm Durchsetzungsfähigkeit bescheinigt. „Wenn ich sagte, es geht, haben es alle geglaubt.“

Schweppe hätte sich eine Greifvogelstation unterm Hohenstein gewünscht

Manches ging auch nicht, was ihn heute noch ein wenig wurmt. „Eine Greifvogelstation unter dem Hohenstein wäre eine schöne Sache gewesen. Dafür fehlte aber richtig Geld“, sagt der Tierfreund. Auch die Höherstufung von Holzkamp-Gesamtschule und Ruhr-Gymnasium zur „Sportschule NRW“ scheiterte. „Damit ist dann ganz viel Förderung nach Dortmund gegangen.“ Wo wir gerade bei Niederlagen sind, darf seine Schlappe bei der Bürgermeisterwahl 2015 nicht unerwähnt bleiben. Ob er seine Kandidatur jemals bereut hat?

Nein, sagt der Jurist rückblickend. „Wenn ihnen SPD und CDU so ein Angebot machen, können sie das gar nicht ablehnen.“ Er spricht von einem großen Vertrauensbeweis der beiden Parteien nach seiner zweiten Wiederwahl zum Ersten Beigeordneten. Dass er gegen seine damalige Chefin Sonja Leidemann unterlag, bezeichnet er im Nachhinein „als großes Glück“. Er sei froh gewesen, den aufreibenden Bürgermeister-Job nicht machen zu müssen.

SPD und CDU hatten Frank Schweppe 2015 als Bürgermeisterkandidaten aufgestellt. Er verlor gegen seine damalige Chefin, Sonja Leidemann.
SPD und CDU hatten Frank Schweppe 2015 als Bürgermeisterkandidaten aufgestellt. Er verlor gegen seine damalige Chefin, Sonja Leidemann. © WAZ | Barbara Zabka FUNKE Foto Service

Jetzt tut er nur noch das, was ihm Spaß macht, rund um „Haus, Hof und Garten“ im grünen Bommerholz. Da sind die fünf Hunde, vier davon gerettete, die Auslauf brauchen. Da ist der alte Citroen-Kastenwagen in Himmelblau, der auch mal an die frische Luft muss. Oder der Französischkurs bei der VHS, für den er sich endlich anmelden könnte. Oder der Spielplatz „um die Ecke“, um den sich der ehemalige Kinder- und Jugenddezernent als Pate kümmern möchte. Frank Schweppe wird sich nicht langweilen. Und dabei seinen ganz eigenen Humor behalten.

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Der blitzt auf, wenn er zum Beispiel von den Hunden erzählt. „Einer davon ist gar kein Hund. Jedenfalls hält er sich selbst für was anderes.“ Bei dem früheren Wittener Spitzenbeamten wusste man dagegen immer, woran man ist. Sagt er zumindest.